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Lynagh

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Dienstag, 29. Januar 2008, 15:18

Der Dieb des Schicksals

So kommt zu meinem Feuer, es ist kälter heute Abend und der Maelström wütet dort unten, aber hier bei dem Feuer und geschützt durch die Bäume ist unsere eigene kleine Welt. Ich werde euch heute Abend eine Sage erzählen, die mir gestern in den Sinn kam. Ich dachte da über das Schicksal nach, ich dachte: Was wäre, wenn ich wie Skuld die Zukunft kennen würde? Hm, vielleicht ist es besser sie nicht zu kennen, denn etwas kennen was man doch nicht ändern kann, und das man vielleicht ändern möchte, ist eine große Bürde. Und wenn man auch etwas ändert, weiß man nie was das Ergebnis dessen ist. Also hier kommt es...


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Der Dieb des Schicksals


In einem grünen Tal bei dem grossen Fjord wohnte der Herrenbauer Erbe Hjälmar. Er war nicht schön aber auch nicht häßlich jedoch sein Geist war bösartig und grausam. Schon als kleiner Junge genoss er es die Katzen zu versaufen, die Hunde schlagen und die Tiere im Stall zu ängstigen und qälen. Sein Zwillingbruder Hjälgurd war der Gegenteil desen was Hjälmar war und jeder liebte ihn weil er die Güte selbst war. Als sie erwachsen wurden liebten sie beide dasselbe Mädchen, Gudrid, und da Hjälmar der älteste Sohn und Erbe war und Hjälgurd der zweitgeborene, der in die Welt ziehen sollte um sich zu beweisen und die Ehre und Ansehen durch seine Heldentaten erst verdienen sollte, war es irgendwie selbstverständlich, dass die Eltern Gudrid dem Ältesten Sohn zugedacht hatten. Die Eltern Hjälmars weil er ihr Erstegeborener war und sie blind in ihrer Liebe waren und die Eltern der Gudrid dachten nur daran, dass sie den reichsten Mann im Tal, sogar der weiten Umgebung, heiraten würde. Doch Gudrid liebte Hjälgurd. Wie es schon damals Gebrauch war, man begehrte sich nur von Ferne, also Gefühle wurden nicht ausgesprochen und Verlangen nicht gestillt. Auch falsche Hoffnung blieb bloß die Hoffnung, Sven und Helga, der Herr und Herrin luden die Eltern und Gudrid zu einer Besprechung. Gross wurde die Überraschung als sich Gudrid weigerte einem Heiratsantrag zuzustimmen.

„Nein“, sagte sie, „eigentlich liebe ich Hjälgurd!“

„Aber Hjälgurd und Hjälmar sind Zwillingsbruder, es gibt keinen Unterschied zwischen den beiden,“ behauptete die Herrin Helga.

„Nein, nicht äußerlich aber ein grossen im Herzen,“sagte Gudrid. „Aber ich will nicht grausam sein und möchte die Hoffnung eines Menschen nicht beschämen. Wenn in 1000 Tagen immer dieser Unterschied besteht werde ich nicht Hjälmar sondern Hjälgurd heiraten. Ich bin nicht zu kaufen und wenn sie eineiige Zwillinge sind, sollten sie es dann auch im Herzen sein.“

Wie auch ihre eigene und Hjälmars Eltern ihr auch zuredeten, es hatte keinen Sinn. „Ich schwöre bei meinem Leben“ sagte Gudrid. „Ich sage, ja, nur unter dieser einen Bedingung."

Hjälmar, der Böses in sich aufkommen fühlte, überlegte ob er seinen Bruder töten soll, denn dann hätte Gudrid keine Wahl, aber er wußte, daß Gudrid einen teuren Eid geschworen hatte und wurde lieber sterben als ihn lieben und sicher wenn er seinen Bruder tötete. Aber er wollte und mußte sie haben so wie er bisher alles kriegte was er wollte. Da Böse anderes Böse kennt, kannte er auch eine schwarze Hexe die im Kupferberg im Eisernen Wald wohnte. Da begab er sich eiligst und fragte um Rat.

„Ja du kriegst ihn“, sagte sie, „aber nicht umsonst. Wenn du mir das Herz deiner Mutter bringst, kriegst du meinen Rat und sogar meine Hilfe.“

Da schmeichelte sich Hjälmar bei seiner Mutter ein und sagte ihr, er möchte ihr einen wunderschönen Apfelbaum zeigen, den er nur für sie gepflanzt hatte. Blind vor Liebe zu ihrem Erstgeborenen begab sich Helga mit Hjälmar in den Wald wo er sie tötete und ihr Herz nahm.

„Ein grosser Bär hat meine arme Mutter getötet!“ schrie Hjälmar als er das Dorf näherte, blutverschmiert. Noch bevor seine Mutter begraben wurde, besuchte er die Hexe im Eisernen Wald und gab ihr das Herz seiner Mutter. Sie nahm das schwarze Spiegel und schaute in seine Tiefe.

„Ja es gibt ein Weg. Du wirst nie wie dein Bruder sein, denn du hast dich der dunklen Seite verschrieben. Der Herz deiner Mutter ist der Beweis dafür,“ sagte die Hexe mit langsamer, sängeriger Stimme. „Da du der dunkle Schatten deines Bruders bist, ist nur der dunkle Weg für dich offen. Gehe und suche die Nornen und ändere das Muster welches gewebt worden war, denn das ist das Schicksal, deiner und deines Bruders. Wenn du Glück hast wird er du und du er. Suche den Faden eurer Bestimmung.“ „Gehe...suche den Brunnen von Urd...suche den Weg zum Yggdrasil... folge mir ich bringe dich zu einem Ort, den Hvergelmir wo ich geboren bin.“

Sie nahm ihn bei der Hand und sprach die starken Runen aus. Ein Wirbel erfasste Hjälmar und trug ihn durch die Zeit und Wirklichkeit an ein schreckliches Ort wo der Drache Nidhuggur die Leichen der Verstorbenen verspeiste und die Schlangen Goin und Moin an den Wurzeln des Lebensbaum knagten und Gift ausscheideten.

„Wer bist du“ zischte Moin.

„Die Hexe Bryna zeigte mir den Weg zu Euch“ sagte Hjälmar.

„Ja das Zeichen der dunkler Seite ist geprägt auf deiner Stirn“, lachte Goin.

„Zeigt mir den Weg nach Urd,“ sagte Hjälmar.

„Der Weg nach Urd ist für Sterbliche und uns verboten, aber du, Bruder, kannst ihn nehmen. Wir wollten schon immer nach Urd, aber wir sind gebunden durch die Schöpfung. Gehe und verrichte deine schlechte Tat.“

„Aber denke daran,“ zischte Moin „ alles hat einen Preis!“

„Wahrlich den Preis habe ich schon bezahlt“ dachte Hjälmar „und ich hasse Hjälgurd.“ Auf ein Boot haben sie ihn gesetzt, das durch die brödelnde Dunkelheit Hvelgemirs fuhr, entlang des Strandes wo die Toten irrten. Entlang des langen Wurzels des Lebenbaums...Lang war seine schaurige Reise aber letztendlich sah er Licht und fühlte wieder die frische Luft. Er war in Urd.Er sah einen silbernen Brunnen und er sah drei Frauen die an seinem Rand sassen. Die Schwestern Urd, Verdandi und Skuld. Die Nornen die sein Schicksal gewebt hatten. Urd die alles wußte, was in der Vergangenheit passierte, Verdandi welche die Gegenwart kannte und Skuld, die Weisseste von allen welche in die Zukunft sehen konnte.Sie drehten sich um und schauten ihm in die Augen.

„Ich kenne dich und deine Taten,“ sagte Urd.

„Ich weiss was du tun möchtest,“ sagte Verdandi. „Du möchstest dein Schicksal ändern das nicht zu ändern ist, denn das Schicksal eines Menschen ist schon geschrieben.“

Skuld sagte nichts.

„Wo ist das Schiksal welches ihr, Hexen, für mich webten. Her damit, anders verbrenne und zerreisse ich alle eure Handarbeiten.“

Da sagte Skuld: „Oh Sterblicher, denkst du, das du das Schiksal der Welt ändern kannst? Denkst du, daß du das Schicksal auch nur eines einzigen Menschen bestimmen kannst? Dein Schicksal? Komm ich zeige dir das Muster, dann wählst du selbst.“

Das erwartete Hjälmar nicht, er dachte er wird Schwierigkeiten geben, er würde gezwungen etwas Grausames unternehmen müssen, vielleicht töten, aber wie kann man Göttinen töten...Skald führte ihn in eine Hütte und öffnete ein Kabinet wo nur eine Leere gähnte. Ihre Hand tastete in die Leere und dann zog sie einen Rahmen aus. Es sah aus wie ein Teppich, farbige Faden die verschiede Mustern bildeten. Hjälmar sah sein Schicksal.

„So ändere dein Schicksal Mensch,“ sagte Skuld. „Webe dein eigenes Leben, wenn du kannst, dies ist Euer Schicksal und das Schicksal Eures Bruders “ fügte sie zu und verliess die Hütte. Durch die offene Tür sah er wie die Schwestern beieinander sassen, gehüllt in ihre Umhänge. Sie schwiegen und sangen leise. Hjälmar sah sich die Faden an, was soll er ändern? Er wollte einen Rat und als er die Schwestern doch fragen wollte, war plötzlich niemand da. Er riss das Muster seines Schicksals aus dem Rahmen, rollte es zusammen und verbarg es in seiner Jacke. Der Stoff, der Teppich, war leicht, anders als er erwartete und er sprach die Rune des Rückkehrs die ihm die Hexe geprägt hatte. Mit einem Male befand er sich wieder bei einem Brunnen, aber nicht Urd Brunnen, nicht Hvelgemir Strand, er sass im Wald nicht weit von seinem Elternhaus. Er schaute sich das Muster des Schiksalsgewebe und dachte nach. Es schlingelten sich breite und leuchtende Farben durch das Gewebe, leuchtende und fade, aber wer war was und was war was, was war er? Der Preis des Herzens um eigenes Schicksal in den Händen zu halten war ja gross und Hjälmar dachte, er soll und muß schliesslich etwas unternehmen. Soll er es mit Messer bearbeiten? Nein, da vernichtete er zuviel, nein er wird das Muster ändern. Unten auf dem Rand sah er zwei Faden hängen. Das bin ich und mein Bruder dachte er. Der eine Faden war hell und leuchtend, der andere hatte eine fade Farbe. Als Erstgeborener mit allen Rechten überlegte er nicht lange und riss er den faden Faden aus.... und fiel tot auf den Boden.

Das Schicksal ist geschrieben und wird immer sich immer erfüllen. Hjälgurd und Gudrir heirateten nach 1000 Tagen, denn ihren Eid mußte sie nach den Gesetzen des Norden halten; sie waren den Rest ihres Leben glücklich. Hjälmar fand sich wieder am Strand des Hvelgemirs und kochte in dem schrecklichen Kessel bis sich das Fleisch von seinen Knochen lößte und seine Knochen von dem Nidhuggur in desen Kiefern vermahlen wurden. Den das Schicksal ist geschrieben und man kann es nie ändern.


© 2008 Lynagh



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***NEC ASPERA TERRENT***


Nil admirari prope res est una, solaque quae possit facere et servare beatum
= sich über Nichts zu wundern ist wohl das Einzige, was einen glücklich machen kann und bleiben läßt
(Horatius)

Tarja

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2

Donnerstag, 23. Oktober 2008, 15:01

Anmerkung zum "Dieb des Schicksals"

...ein sehr schöner Text. :hoch:

Unabhängig davon erinnert es mich an die "Hüterin des Weges" mit ihrem weisen Spruch: "Es wird, wie es werden soll". Ein Bestätigung für den Wahrheitsgehalt deiner Geschichte, denn das Schicksal von uns Menschen ist nun mal vorgezeichnet und endet immer wieder gleich. An uns liegt es nur, wie wir es nutzen. So fordert es nun mal, das eherne Gesetz. Egal ob Gestern, Heute oder Morgen. Dieses Gesetz ist zeitlos.
„Die Wahrheit bedarf nicht viele Worte, die Lüge kann nie genug haben.“

Nietzsche