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Lynagh

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Samstag, 3. November 2007, 19:26

Odin geht wandern – Midgard

In allen neun Welten herrschte Frieden; die Zwerge arbeiteten unter dem Grund in ihren Schmieden; in Jotungsheim hielten sich die Riesen ruhig und schmiedeten nach dem Besuch Thors in Utgard keine bösen Pläne. In Muspelheim, dem Reich des Feuers, wartete man ruhig den Tag des Ragnaröks ab. Die Elfen und die Vanen lebten glücklich, in Hellas Totenreich und dem nebligen Niflheim herrschte Stille.

In Asgard machten sich Odin und seine Gemahlin gerade fertig die Brücke Bifrost zu überqueren und nach Midgard zu gehen um in Manheim, der Welt der Menschen verkleidet herumstreifen.


Nun hatte der gute König Raudung zwei junge Söhne, Gerrad und Agnar, die am gewissen Tag in einem kleinen Boot auf dem ruhigen Meer segelten an dem das Königreich ihres Vaters gelegen war.. Plötzlich verdunkelte sich der Himmel und ein heftiger Sturmwind wehte das kleine Boot weit, weit weg von der Küste. Die Jungs hielten sich am Rande fest und erwarteten, dass das Boot in jedem Augenblick umschlägt und dass sie ertrinken; aber am Ende strandete das Boot an einer kleinen Insel und wo sie mehr tot als lebend ans Land gingen. Es wurde schon dunkel und in einiger Entfernung sahen sie Lichtschein. Dorthin schleppten sie sich mühsam und sahen eine kleine Hütte wo Rauch aus dem Kamin kam und Licht durch die Fenster. Agnar klopfte an die Tür, die durch einen alten, einäugigen Mann mit breitkrempigen Hut geöffnet wurde. Er hieß die zwei Jungen in seiner Hütte willkommen und er und seine Frau setzten sie beim Feuer um sich zu wärmen und gaben ihnen zu Essen und Bett.


Bevor sich die beiden von ihrem Schiffbruch erholt hatten, brach schon Winter an und die beiden alten Leute hielten sie bei sich und sorgten für sie als ob es ihre eigene Kinder wären.


In den langen Monaten auf der Insel lernten die Jungs vieles von ihren Pflegeltern. Der Gastgeber unterrichtete sie im Gebrauch von Pfeil und Bogen, im Ringen, Hartlaufen und Schwertkampf und zeigte ihnen auch wie sie Axt und Hammer benützen können. Manchmal nahm sie seine Frau mit in den Wald wo sie die zwei unterrichtete in den Wundern der Natur, vom Gesang der Vögel bis zu Gebrauch heilender Kräuter bei Krankheiten oder Genesung von Wunden. Während den langen Monate erzählten sie den Jungen von den Taten der Götter und Menschen, über berühmte Schlachten und über das wichtigste im Leben: die Ehre und Gastfreundschaft.


Endlich wurde es Frühling und als die frühe Sommersonne wieder das Meer beschien, ließen Gerrad und Agnar ihr Boot zu Wasser und machten ihn segeltüchtig.


Dann kamen die zwei Alten zum Ufer hinaus und segneten die zwei Kinder.


„Hisset den Seil,“ sagte die Frau und ihre Stimme klang plötzlich jugendlich und klar, die Stimme einer großen Königin. „Und ich werde euch eine starke Brise schicken um euch über den Ozean zu bringen, so dass ihr wieder sicher nach hause kommt.“


„Geht, meine Kinder,“ sagte der Mann und auch er schien plötzlich viel jünger zu werden und es war als ob ein großer König seine Krieger zum Streite sendete. „Ihr seid als Kinder zu uns gekommen aber als junge Männer geht ihr weg, stark und groß und an der Schwelle eures Lebens. Lebt ein gutes Leben und komm dann in die fröhliche Säle der Valhalla!“


Als das Boot über die Wellen wegsegelte drehten sich Gerrad und Agnar um und sahen die majestätischen Gestellten von Odin und Frigga auf dem Ufer stehen.


Den ganzen Tag segelten Gerrad und Agnar über die tanzenden Wellen des Meeres und am Abend kamen sie aufs Land wo ihr Vater, König Raudung regierte. Agnar freute sich schon aufs zuhause und als das Boot im abenddunkel die Küste berührte, wollte er schon aufs Land springen, aber plötzlich drehte sich Gerrad zu ihm und rief:


„Fahre weg Agnar! Verschwinde in das Land der Trollen und der Riesen!“


Mit diesen Worte schlug er ihn so kräftig, dass Agnar ohnmächtig in das Boot fiel das Gerrad aufs Meer wieder schob.


Die Flut griff das Boot und es wurde durch eine starke Strömung hinaus aufs Meer gezogen, wo es in der Ferne verschwand.


Gerrad ging zum Palast seines Vaters und wurde durch den alten König herzlich umarmt.


„Aber wo ist Agnar, dein Bruder?“ fragte er.


„Leider,“ antwortete Gerrod, „während unserer gefährlichen Reise ist er im Meer ertrunken. Eine große Welle fegte ihn ins Wasser und was ich auch tat, ich konnte ihn nicht retten.“


Kurz danach stirb dieser Raudung und Gerrad wurde als sein Erbe der König und berühmt durch sein großes Reichtum und seine Feinde fürchteten sich vor ihm.


Agnar jedoch trieb auf dem Meer bis sein Boot das Land der Riesen erreichte. Dort wurde er freundlich behandelt, denn seine Güte und Liebenswürdigkeit tat selbst die Riesen ihre Bösartigkeit zu vergessen.


Nach einiger Zeit aber, sehnte sich Agnar nach seinem zuhause und schließlich verließ er Jotungheim und kam verkleidet zurück in das Palast seines Bruders Gerrad, des Königs, an.


Er machte sich jedoch nicht bekannt aber wurde Diener in eigenem Hause, wo er dem gierigen und schlechten König diente und jedem, der Hilfe nötig hatte diese auch bot.


Inzwischen waren Odin und Frigga nach Asgard zurückgekehrt und eines Tages als sie zusammen auf dem Thron Hlidskjälf saßen und über die Welt ausschauten, sagte Odin: „Hast du noch etwas von Agnar, unserem Pflegesohn, den du so gerne hattest, gesehen? Die letzte Zeit wohnte er bei den Riesen, unseren Feinden und ich glaube er hat sogar eine Riesin geheiratet. Wie viel besser ist es seinem Bruder Gerrad ergangen: sehe was für ein mächtiger König er ist, der seines Vaters Reich gut und klug regiert.“

Aber Frigga antwortete: “Gerrad ist grausam, hartherzig und gierig. Er wollte seinen Bruder Agnar töten und gönnt den Gästen unter seinem Dach kaum genug Essen.“


„Ich werde ihn vermummt besuchen,“ sagte Odin, „um zu sehen ob es wirklich so ist. Ich wollte sowieso gerade nach Midgard herabsteigen, auf meinem Weg nach Jotungheim wo ich mit Vafthrudnir, dem Weisen Riesen sprechen will. Er behauptet mehr von den Geheimen des Universums zu wissen als ich selbst . Ich will nur wissen ob er mich noch etwas lehren kann; aber wenn es nur Angeben ist, werde ich ihn passend strafen.“


„Ich rate Euch an, Vater der Götter und Menschen, hier in Asgard zu bleiben,“ antwortete Frigga, „Vafthrudnir ist tatsächlich der weiseste der Riesen, aber er ist auch unser Feind und seine Weisheit könnte eine Falle sein um uns in Jotungheim ins Verderben führen.“


Aber Odin antwortete: „Ich habe viel und weit gereist, habe viel gesehen und viele habe ich gekannt. Aber noch nie habe ich mit so einem weisen Riesen wie Vafthrudnir gesprochen, also ich muss ihn besuchen.“


„Möge es gut mit Euch gehen,“ sagte Frigga besorgt, „so wie auf der Reise hin wie auch zurück nach Asgard. Und möge Euch eure Weisheit helfen in Gesprächen mit dem Riesen.“ “Danach zog Odin einen langen blauen Mantel an, zog seinen breikrempigen Hut tief in die Augen und machte sich auf den Weg nach Midgard: als ein weiser Mann, Grimnir von Namen, der viele kräftige Runen kennt und die Zukunft die durch die Nornen gewoben ist wie auch viele Dinge aus der Vergangenheit.


© 2007 Lynagh
***NEC ASPERA TERRENT***


Nil admirari prope res est una, solaque quae possit facere et servare beatum
= sich über Nichts zu wundern ist wohl das Einzige, was einen glücklich machen kann und bleiben läßt
(Horatius)

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Lynagh

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Sonntag, 4. November 2007, 13:01

Odin geht wandern – Midgard (Teil 2)

Er erreichte das Land in dem Gerrod regierte und fragte um Übernachtung.

Nun hatte Frigga, als ihr Mann wegging, ihre Maid Fulla mit dieser Nachricht zum König Gerrod geschickt: „Paßt auf, auf den Mann mit blauem Mantel. Er ist mehr als Ihr denkt. Das wird Ihr schon merken, denn kein einziger Hund, wie bösartig auch, wird ihn je angreifen.“
Da König Gerrod nur schlechte Gedanken im Kopf hatte, könnte es für ihn nur eines bedeuten: der Mann im blauen Mantel müsste ein böser Zauberer sein, der in sein Land kam um ihm und seinem Volk zu schaden. Darum ließ er seine bösartigen Hunde los und befahl seinen Männern den Mann im blauen Mantel so bald er erschien, gefangen zu nehmen.

Und tatsächlich, eines Abends kam ein Mann im blauen Mantel und einem breitkrempigen Hut zum Tor des Palastes. Die bösartigen Hunde rannten ihm entgegen um ihn anzugreifen aber wenn sie sich ihm näherten, schlichen sie sich mit Schwanz zwischen Hinterbeinen davon. Als Gerrod sah, dass die Hunde den Fremden nicht mal anblafften, befahl seinen Männern ihn direkt fest zu nehmen.


„Wer seid Ihr,“ fragte er, „ und was tut Ihr hier?“


„Ich bin ein armer Reisende, Grimnir ist mein Name“, war die Antwort, „und ich komme hier wegen persönlicher Angelegenheit. Jedoch sobald Ihr einen Fremden empfängt, wie es sich gehört, werde ich mit Euch in meiner großen Weisheit teilen und Euch Dinge erzählen, die für Euch nützlich sind.“


„Oh, zweifle nicht, du wirst dich an meinem Feuer erwärmen,“ antwortete Gerrod grimmig, „und sehr bald wirst du mir alles erzählen was du weißt.“


Dann befahl er den Fremden zwischen zwei Feuern zu binden und zu sorgen, dass diese auch hoch brannten, bis der böse Zauberer alles sagt was er weiß und warum er es wagte überhaupt zu kommen.


Acht Tage lang litt Grimnir an großen Schmerzen zwischen zwei Feuern, ohne Essen und Trinken. Am achten Tag kam ein Diener, der in der Wirklichkeit Agnar war, schlich sich unbemerkt zwischen die Feuer und brachte ihm ein Horn voll erfrischenden Mets.


Grimnir trank es bis zum letzten Tropfen und sagte sanft:
„Sei gegrüßt Agnar der Gute! Der Herr der Asen, Vater der Götter und Menschen wünscht dir alles Gute! Nie wirst du für einen Schluck Met reicher belohnt werden!“

Erschrocken und überrascht schlich Agnar zurück und da fing der Gefangen zwischen den Feuern an, laut und deutlich zu singen.


Er sang von den hohen Sälen Asgards und wie im Beginne Odin große Säle für die Asen baute; von Thurdsheim dem Schloss Thors und von dem schönen Taxustal wo Uller wohnte; von Alfheim wo Freyr Herr und Gebieter war und wo Odin täglich seine Helden für die Valhalla wählte, von Thrymheim wo der Riese Thjassi gewohnt hatte bis ihn die Asen besiegten und seine Augen zwischen die Sterne setzten; von Breidablik, dem schönsten aller Paläste wo der strahlende Balder wohnte und von der Himmelfeste wo Heimdal mit den Scharfen Augen die Wache über die Asen hielt und währenddessen friedlich Met trank; von Volkvanger, wo die schöne Freya die Helden willkommen hieß; von Glitnir, dem Haus des Lichtes, wo Forseti, Balders weise Sohn, täglich urteilte und von dem stillen Noatun am Ufer des rauschenden Meeres wo Njörd wohnte.


Er sang über den Weltbaum Yggdrasil mit seinen drei Wurzeln; von Nidhög, der ewig am unterstem Wurzel nagt und von Ratatoskur, dem Eichhorn der zwischen den Zweigen springt. Auch sang er von den Geheimen des Tages und der Nacht und von den Sonne- und Mondwagen, die durch die Wölfe durch die Luft gejagt sind. Und während er sang, kam Gerrod näher und näher und sein Gesicht wurde von Wut ganz rot. Aber seine Wut veränderte in Angst als das Gesang dem Ende näherte, Grimnir sich langsam aufrichtete, die Fesseln von ihm fielen und Blitze aus seinem einen Augen schossen.


„O Gerrod,“ rief er, „du hast tief das Böse getrunken! Für jemanden, der durch den Schicksal so begünstigt ist wie du, ist es schrecklich Odins Freundschaft verloren zu haben und darum auch den Platz zwischen den Erwählten!.... Die Freunde die du hast, können dir nicht helfen, ich sehe Blut von deinem Schwert triefen; dein Leben läuft zu Ende, den die Nornen haben den Faden durchgeschnitten! Nun stehst du vor den Augen Odins, denn dieser bin ich! Gerrod komm her wenn du kannst!“


Gerrod sprang nach vorne um auf den Knien um Gnade zu bitten, aber sein Schwert fiel aus der Scheide und wenn er ihn aufheben wollte glitt er aus und viel so, dass die Spitze sein Herz durchbohrte.


Odin wandte sich zu dem ärmlich gekleideten Diener den ihm den Met brachte und rief:
„Stehe auf, Agnar der Gute, ab jetzt wird Raudurs Sohn und Gerrods Bruder das Land regieren! Möge Odins Segen mit dir sein, denn ich weiß dass du gut und gerecht regieren wirst; für jedem barmherzig sein und vor allem die Reisenden freundlich empfangen wirst!“

Danach hüllte sich Odin in seinen Mantel, setzte seinen breitkrempigen Hut auf und verschwand in der Nacht auf seinem Weg nach Jotungheim, ließ Agnar wieder allein, der noch lang und ruhmreich sein Volk, die Goten regierte.


© 2007 Lynagh

***NEC ASPERA TERRENT***


Nil admirari prope res est una, solaque quae possit facere et servare beatum
= sich über Nichts zu wundern ist wohl das Einzige, was einen glücklich machen kann und bleiben läßt
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