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Samstag, 21. Februar 2009, 19:28

Biike-Brennen auf Sylt

Seit dem 19. Jahrhundert wird das Biikebrennen jeweils am Vorabend des früheren Gerichtstages (Petri-Tag), am 21. Februar, als "friesisches Nationalfest" gefeiert. Nun soll die Biike eine der deutschen Fastnachts-Hochburgen erobern: Ein auf dem Rheindeich gelegenes Restaurant in Düsseldorf veranstaltet am 27. Februar - zwei Tage nach Aschermittwoch - als Auftakt für die Fastenzeit - das "1. Düsseldorfer Biikebrennen". Zu essen gibt es stilgerecht Grünkohl - für "Biike-Anfänger" und potenzielle Fastenwillige aber auch gegrillten Lachs.

Am Samstag erwacht Sylt aus dem Winterschlaf: beim traditionellen Biike-Brennen auf der Insel. Früher war das ein Fruchtbarkeitsritual, heute ist es vor allem ein Wettbewerb zwischen den Dörfern - nächtliche Sabotageversuche inklusive.

Am Abend des 21. Februar treffen sich Einheimische und Besucher mitten im Dorf. Auch viele Kinder sind mit von der Partie. Der Himmel hat sich in ein tiefes Schwarz verwandelt. Die mitgebrachten Wachsfackeln werden an einem kleinen Propangasbrenner entzündet. Das Feuer reichen die Anwesenden von Fackel zu Fackel weiter. Beim eisig-kalten Wind ist das nicht ganz einfach und klappt oft erst nach mehreren Versuchen.


Biike ist ein altes friesisches Wort für „Feuerzeichen“ und geht auf einen heidnischen Fruchtbarkeitskult zurück.

Weiterlesen auf
http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,608451,00.html
http://www.shz.de/lokales/sylter-rundsch…-vorraeten.html

Zitat


Ein alter Brauch, der mehr als ein Jahrtausend überdauert hat, ist das Biiken (Bake-Feuerzeichen).

Früher war es ein heidnisches Opferfest der abreisenden Seefahrer und Krieger, die mit dem Verbrennen von Stroh, Teertonnen und Strandgut die Götter gnädig stimmen wollten.

Im 17. und 18. Jahrhundert verwandelte sich dieses Fest in ein Abschiedsfest und Thinggericht. Da man wußte, daß viele Seefahrer die Heimat niemals wiedersehen würden, war es notwendig alle Rechtsfragen zu klären. Dies geschah am Tage nach dem Biikebrennen. Heute finden die Biikefeuer auf Sylt am 21. Februar in allen Orten statt.

Die männlichen Konfirmanden und Jugendfeuerwehren sammeln dazu die alten Weihnachtsbäume ein.

Es werden Reden in friesischer Sprache, dem Söl'ring, und auf Hochdeutsch gehalten, die die Freiheit und Selbstbestimmung der Sylter hervorheben. Man wirft seine Fackel in den Biikehaufen und trifft sich später in einem der vielen guten Sylter Restaurants zum Grünkohlessen.

Am nächsten Tag ist Petritag und es finden Tanzveranstaltungen für Kinder und Erwachsene statt. An diesem Tag ist grundsätzlich schulfrei!
[size=60]Quelle: Sylter Insel-Führer [/size]

Hier findet man noch nähere Informationen: http://www.brauchtumsseiten.de/a-z/b/bii…iikebrennen.pdf
Dieser Text wird übrigens auch in "Die Nordfrisischen Inseln ... vormals und jetzt." (1927 erschienen) von Christian Jensen beschrieben.
So wie wir sind sind wir schon Jahrhunderte hindurch ein Rätsel politischer Verfassung, ein Raub der Nachbarn, ein Gegenstand ihrer Spötterein, ausgezeichnet in der Geschichte der Welt, uneinig unter uns selbst, stark genug uns selbst zu schaden, ohnmächtig, uns zu retten, unempfindlich gegen die Ehre unseres Namens, unzusammenhängend in Grundsätzen, gewalttätig in deren Ausführung, ein großes gleichwohl verachtetes, ein in der Möglichkeit glückliches, in der Tat bedauernswürdiges Volk.

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Samstag, 21. Februar 2009, 19:28

Ines schrieb dazu im Eldaringforum:

Zitat

Dazu gibt es auch ein traditionelles Lied namens "Weadke Tar", was angeblich soviel heißt wie "Odin verzehre". Darin wird die Geschichte des Biikebrennens von den heidnischen Opferfeuern bis in christliche Zeit erzählt.


Weadke tar

I nat jeg havde en underlig drøm,
jeg fløj bort over landet i tid og rum.
Jeg så på det sted, drømmen førte mig hen,
det var stranden ved Emmelev, jeg kendt igen.
Det var mørkt, det var ensomt og koldt,
men så steg op fra sandet et blussende bål.
Det løb langs med kysten mod syd og mod nord,
det lyst mod himlen, hvor guderne bor.

Og straks om bålet var folk i flok,
de dansed' og fested' og gik helt amok.
Jeg spurgte en pige, der hen til mig kom
"hvad er det, I gør, og hvad handler det om".
Hun smilte til mig, og hun sagde:
"vi fester for lyset, for det, som vi tror.
Vi ofrer til Odin og Freja og Thor
og råber mod himlen, hvor guderne bor
Weadke tar, Weadke tar,
Weadke tar, Weadke tar, Weadke tar,
Weadke tar, Weadke tar,
Weadke tar, Weadke tar, Weadke tar.

Om bålet stod folk andægtigt og fromt,
væk var festen fra før, det føltes lidt tomt.
Jeg spurgte en præst, der hen til mig kom
"hvad er det, I gør, og hvad handler det om".
Han så på mig, og han sagde:
"Bike-bålet for Petri vi brænder i dag,
Sankt Peter den helgen, på ham vi tror".
Folk hvisked' mod himlen, hvor guderne bor.
Weadke tar ...

Og atter drømmen tog mig hen
nogle hundrede år til stranden igen.
Om bålet stod folkene alt på ræd,
mændene fested', mens pigerne græd.
Jeg spurte én, og hun sagde:
"Per's Awten det er, hvad vi fejrer i dag,
i morgen rejser vor mænd mod nord,
de rejser derop, hvor hvalerne bor".
Væk de tar, væk de tar,
Væk de tar, væk de tar, væk de tar,
Væk de tar, væk de tar,
Væk de tar, væk de tar, væk de tar.
So wie wir sind sind wir schon Jahrhunderte hindurch ein Rätsel politischer Verfassung, ein Raub der Nachbarn, ein Gegenstand ihrer Spötterein, ausgezeichnet in der Geschichte der Welt, uneinig unter uns selbst, stark genug uns selbst zu schaden, ohnmächtig, uns zu retten, unempfindlich gegen die Ehre unseres Namens, unzusammenhängend in Grundsätzen, gewalttätig in deren Ausführung, ein großes gleichwohl verachtetes, ein in der Möglichkeit glückliches, in der Tat bedauernswürdiges Volk.

Lynagh

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Samstag, 21. Februar 2009, 20:04

Sehr schönes Lied, in der Tat mit wunderbarem Text. So etwas Ähnliches kenne ich auch aus Norwegen.
***NEC ASPERA TERRENT***


Nil admirari prope res est una, solaque quae possit facere et servare beatum
= sich über Nichts zu wundern ist wohl das Einzige, was einen glücklich machen kann und bleiben läßt
(Horatius)

Tarja

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Sonntag, 22. Februar 2009, 10:52

Nun das das Biikebrennen, dieser uralt ehrwürdige Brauch nun auch in den Fastnachtshochburgen Einzug hält, finde ich einfach skandalös und geschmacklos in Hinsicht darauf, das unser regionales Kulturgut damit verfremdet und entwürdigt wird, und so wie vieles andere dem gewissenlosen Kommerz zum Opfer fällt. :kocht:

Und das das Biikebrennen schon etlichen Fehlinterpretationen unterliegt, beweisen die zwar als "seriös" geltenden aber leider nicht zu Ende recherchierten Berichte in den Medien, im Internet, ja sogar auf den Heimatseiten. Wobei letzteres für mich, um so bestürzender ist, sollte doch die Ursprungsregion des Biikefeuers wenigstens genauer über ihre eigenen Bäuche Bescheid wissen. X(

Siehe hier:

Zitat


Am 21. Februar ist es wieder so weit: In ingesamt 10 Sylter Gemeinden wird das sogenannte Biikebrennen zeremoniert. Biike bedeutet auf Friesisch soviel wie “Feuersignal” und diente ursprünglich der Verabschiedung der Seefahrer und Walfänger, welche früher oft über Monate auf hoher See unterwegs und von ihren Familien getrennt waren.

Quelle: Sylt-blog

Die Biike (Sylter Friesisch das „Feuerzeichen“) geht bis auf heidnische Zeiten zurück. Schon vor 2000 Jahren sollte der Opferbrand den Gott Wotan gnädig stimmen und ihn dazu bewegen, die ungeliebte eisige Jahreszeit zu beenden.

Quelle: Reise-news

Da frag ich mich immer wieder, woher die Quelle ihre Quelle eigentlich hat? Wer behauptet denn nur sowas? Oder hat´s wiedermal der Jäger gesehen, oder Guido Knopp gesagt? :ironie2:

Erstere Aussage ist zum Beispiel nicht falsch, aber auch nicht korrekt, da das Biikebrennen "ursprünglich" eben nicht den Walfängern galt.

Zweite Aussage, welche das Biikebrennen mit Wodan in Verbindung bringt, ist wiederum eine heute so typische Fehlinterpretation, die die regionalen Gottheiten völlig durcheinander bringt und dadurch das bischen alte Wissen was wir noch haben, endgültig zu vernichten droht.

Wer jedoch ein wenig recherchiert, der wird folgendes entdecken: Nach Tacitus, gab es bei den Germanen drei Hauptstämme. Die Ingwäonen, die Istväonen und die Herminonen. Zu den Ingwäonen gehörten die Angeln, Chauken, Friesen, Sachsen, Jüten, Warnen und Kimbern.



Zitat


„Sie feiern mit alten Gesängen, die ihre einzige Form der Erinnerung und Überlieferung sind, dass die Erde den Gott Tuisto hervorgebracht habe. Dessen Sohn sei Mannus, Ursprung und Gründer des Geschlechts (der Germanen). Dem Mannus schreiben sie drei Söhne zu, nach deren Namen die dem Ozean am nächsten gelegenen Ingaevonen, die mittleren Hermionen und die übrigen Istaevonen genannt wurden.“

– Germania Kap.2



Demzufolge ist oberste Gottheit der Friesen vermutlich eher der Tuisto/Tiwaz/Tyr gewesen, und nicht Wodan/Odin. Ähnliches wußte auch Plinius der Ältere zu berichten. Noch im dritten Jahrhundert unserer Zeit errichtete ein in römischen Dienst stehender friesischer Legionär seinem Gott Tuisto einen Gedenkstein. Erst ab dem sechsten Jahrhundert unserer Zeit scheint ein anderer Gott den Rang des Tiwaz bei den Friesen die Oberhand zu gewinnen. Nach meinen Recherchen scheint es aber nicht Wodan zu sein, sondern Fosite/Foseti/sächs. Firihsazi, ahd. Forsit. Er war der "Vorsitzende am Thing", der Gott des Rechts und des Gesetzes, der Gott der Gerechtigkeit, des Windes und des Fischfangs. Besondere Verehrung fand der Friesengott auf der Nordseeinsel Fositesland (heute Heleglend/ Heiligenland/ Helgoland).

Demzufolge müßte es korrekt in der Berichterstattung so heißen:

Die Biike (Sylter Friesisch "Opferfeuer") geht bis auf heidnische Zeiten zurück. Schon vor 2000 Jahren sollte der Opferbrand vermutlich dem Gott Tuisto - in späterer Zeit Fosite - gnädig stimmen und ihn dazu bewegen, die ungeliebte eisige Jahreszeit zu beenden und das Meer, den Wind gnädig stimmen, die Fischer mit reichem Fang auszustatten und gesund in die Heimat zurück zu bringen.

Ich denke, da wird eher ein Schuh draus, als wie wild mit Götternamen um sich zu schmeissen, nur weil man mal davon gehört hat.

Das das Biikefeuer mit einem Thing, einer Versammlung verbunden ist, das ist durchaus verständlich und nachvollziehbar. Verabschiedete man ja den Winter, und besprach sich, was man unternehmen mußte, um das eisfreie Meer und die wärmer werdende Jahreszeit sinnvoll zu nutzen, um Nahrung heran zuschaffen, Land zu erkunden, Fehden zu bestreiten und Recht zu sprechen. Dem getreuen Freund die Familie anzuvertrauen, wenn dem Seefahrer was passiert, oder die Tochter zu verheiraten, dem Sohn die Mannesweihe zu gewähren und all diese Dinge.

Alles andere entstand später und hat mit dem Ursprung wenig zu tun. Denn die alten Heiden kannten keine Fastenzeit, sondern nur Hunger oder Durst, ebensowenig Frühling und Herbst, sondern nur Winter und Sommer.

Diese schöne Lied ist aber nicht auf friesisch und besingt ein Opferfeuer im skandinavischen Kurlturkreis, hat mit dem Biikefeuer nichts zu tun. Ebenfalls ein Beispiel, wie schnell es zu gravierenden Mißverständissen kommen kann. :ermahnung:
„Die Wahrheit bedarf nicht viele Worte, die Lüge kann nie genug haben.“

Nietzsche

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Taija« (22. Februar 2009, 14:42)


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Montag, 23. Februar 2009, 12:42

Taija ich bedanke mich für deinen Bericht. Deine Einschätzung der örtlichen Götter und hier der Tuisto teile ich.

Ich möchte nur zu bedenken geben das Tacitus auch mit einer gewissen Vorsicht und Wachsamkeit begegnet werden sollte.

Es ist immer besser wenn man in diesem sehr schwierigen Gebiet unserer Ahnen verschiedene Quellen zu rate zieht.

Plinius ist Sicherlich wertvoll dabei und vielleicht die Sichere Quelle, soweit man und wir im Speziellen das überhaupt beurteilen können.


Dein Mut sei Heldenhaft;
Deine Hingabe Vollständig;
Deine Liebe Grenzenlos!

Sundarasya Surupasya Subhasya ca Raksanaya Samajah

Tarja

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Montag, 23. Februar 2009, 13:24

Hallo Thuathason!

Ich teile deine Meinung, daß man nicht nur einen Historiker folgen sollte. Es ist ja allgemein bekannt, das jeder Historiker mit den Augen seiner Zeit und seines Volkes die Geschichte betrachtet. Genauso verhält es sich ja auch mit der Edda, die ja ebenfalls soviel christliches vereinigt, weil der Schreiber eben ein Mönch war und Island zur damaligen Zeit schon über zweihundert Jahre christlich war. Deshalb versuche ich grundsätzlich nach mehreren Quellen zu forschen. Und manches versuche ich dann noch mit eigener Logik zu verbinden. Und meine Logik war in diesem Falle zum Beispiel, Friesen=Ingwäonen + Odin/Wodan +nordgermanisches Lied = passt nicht. :D
„Die Wahrheit bedarf nicht viele Worte, die Lüge kann nie genug haben.“

Nietzsche

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