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Montag, 8. Dezember 2008, 22:18

Hirtentäschel

Capsella bursa-pastoris (L.) Medik.

Abb.: Carl Axel Magnus Lindman: Bilder ur Nordens Flora (1901-1905)

Herkunft:
lateinisch capsella von capsula=Kapsel, bursa=Börse, Täschchen; pastor=Hirt, weißt auf die dreieckigen Früchte hin, die an die Umhängetaschen der Hirten erinnerten. Thláspi Bursa pastoris L.; Thlaspi vom griechischen thláo=ich zerquetsche, ich zerdrücke

Europa

Volksname:
Bauernsenf, Bettenseecher (Sachsen), Bettseicherle (Elsaß), Beutelschneider(kraut) (rheinisch), Blutkraut, Burenschinken, Crispel, Gänsekresse, Geldbeutel, Grüttblom = Grützblume (Lübeck), Echtes Hirtentäschelkraut, Hirtentesch, Hirtenseckel, Hellerkraut, Herzerl, Herzelkraut (Niederösterreich), Hungerkraut, Kochlöffel (Oberösterreich), Löffeldieb, Säckelchrut, Schinkenkrût (Mecklenburg), Schneiderbeutel, Schinkensteel (untere Weser), Schülersäckel (Nahegebiet), Täschelkraut, Taschendieb, Taschenkieper, Tüfelsseckeli (Schweiz)

Pflanzenfamilie:
Kreuzblütler (Brassicaceae)

Verwendete Pflanzenteile:
zum Ende der Blütezeit das ganze Kraut

Sammelzeit:
Blätter: März, April, Blätter und weiche Triebe von März bis Juni
Blüten/ Blütenstände mit den Herzschoten: März bis September
Wurzel im Frühjahr, später wird sie im Geschmack schärfer und ingwerähnlich
Samen: Juni bis September

Inhaltsstoffe:
Cholin, Acethylcholin, Flavonoide, Tyramin, Brusasäure, ätherisches Öl, Saponin, Gerbstoff, Harz, reich an den Mineralstoffen Calcium und Kalium und Vitamin A, B, C und Vitamin PP, ein Peptid mit blutstillender Wirkung

Heilwirkung:
Das eher unscheinbare und zierliche Aussehen dieser Pflanze läßt kaum die Heilkraft vermuten, die in ihr steckt. Noch immer ist das genaue Wirkprinzip des Teschelkrauts unbekannt. Die umfassendsten Daten und die meisten experimentellen Untersuchungen stammen aus den 20er Jahren, in denen es als Ersatz für Mutterkorn geprüft wurde. Während der beiden Weltkriege, als die Einfuhr ausländischer Heilpflanzen nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich war, wurde es zur Heilung von Kriegsverletzungen und als hochwirksames Blutgerinnungsmittel benutzt.

Seit Jahrhunderten ist die Wirkung des Hirtentäschels gegen Blutungen aller Art in der Volksheilkunde bekannt und wird auch heute noch als örtlich wirkendes Blutstillungsmittel bei oberflächlichen, leicht blutenden Hautverletzungen, Nasenbluten, starken Menstruationsblutungen, Menstruationsstörungen, leichten Magenblutungen (therapiebegleitend), Zahnfleischbluten, nach einer Zahnextraktion oder auch bei blutenden Hämorrhoiden eingesetzt. Außerdem wirkt es blutreinigend, adstringierend, entzündungshemmend, leber- und gallestärkend, harntreibend, herzstärkend, Blutdruck regulierend, tonisierend und wehenfördernd.

Weniger bekannt ist die innere Anwendungen des Hirtentäscheltees bei Arteriosklerose, Darmträgheit (Anregung der Darmmuskulatur), Gicht und Rheuma (blutreinigend), Gelbsucht, Erkältungen und Infektionen der Atemwege, Fieber, Harnwegsinfektionen (harntreibend), Krampfadern, Kreislaufschwäche (regulierend), Lungenerkrankungen, Ohrenschmerzen und Verstopfung.

Als Fertigpräparate stehen Tropfen, Dragees, Salben und Zäpfchen, sowie die Tinktur zur Verfügung.

Äußerlich unterstützt es in Form von Umschlägen oder Kompressen die Heilung und Linderung bei Hautausschlägen, Ekzemen, Krampfadern und Wunden.

Hirtentäschel eignet sich auch zum Räuchern und soll die körperliche und gefühlsmäßige Entspannung fördern und so gegen Streß und Erschöpfung wirken. Es kann gut mit Eisenkraut, Giftlattich, Zeder, Salbei, Tausendgüldenkraut u.a. gemischt werden.

In der Schwangerschaft soll Hirtentäschelkraut nicht verwendet werden. Es bewirkt das zusammenziehen der Muskeln der Gebärmutter und wirkt somit wehenfördernd.
Erst wenn die Geburt ansteht, kann es zur Unterstützung genutzt werden.

In der Küche:
Die dem Löwenzahn ähnlichen Blätter schmecken je nach Jahreszeit bitter bis scharf-würzig, zusammenziehend oder meerettichartig-senfartig, können sehr gut in der Wildkräuterküche verwendet werden und sind außerdem wertvolle Vitaminlieferanten. Die Samen sind dagegen teilweise sehr scharf und sind ein guter Pfefferersatz.

Im Garten:
Hirtentäschel ist sehr anspruchslos und kommt auf allen Böden vor, meist auf Äckern, Schutthaufen, Wiesen, in der Nähe von Gewässern und auch in unseren Gärten. Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich es bisher immer als Unkraut ausgezupft habe. Im nächsten Jahr werde ich es mit anderen Augen sehen.

Geschichte:
Thlaspi bursa-pastoris wurde durch Carl von Linné wurde 1753 veröffentlicht. Der deutsche Botaniker Friedrich Kasimir Medikus bezog sich 1792 auf dieses Basionym, verschob die Art jedoch unter dem heute gültigen Taxon Capsella bursa-pastoris in eine andere Gattung.

Hirtentäschel ist Hekate geweiht, der Schutzgöttin der Kreuzwege, Wächterin der Tore zwischen den Welten. In der ältesten Form der Mondgöttinnen-Dreiheit wird sie im Himmel durch Selene, auf Erden durch die Jägerin Artemis und in der Unterwelt durch Persephone verkörpert. An Samhain soll es verräuchert worden sein, um hinter die Schleier sehen zu können.

Im sächsischen Volksglauben heißt es, wenn die Kinder im Frühjahr drei von den ersten Hirtentäschel essen die sie sehen, so werden sie nie krank.

In Bayern werden die Samen der getrockneten Schrötchen in ein rotseidenes Stück Stoff gebunden und dem zahnenden Kind um den Hals gehängt.

In Irland hängte man die Pflanze um den Hals der Schafe, damit sie dem Blick des Wolfes verborgen blieben.

Im Mittelalter war es als Heil- und Zauberpflanze bekannt und wurde auch als okkultes Räucherwerk verwendet. Zur Erlangung von Hellsichtigkeit und magischer Kraft benutzen Zauberer, Schamanen und Hexen das Kraut.

Um den Geschlechtstrieb zu dämpfen, verabreichten die Mütter ihren Töchtern honiggesüßten Hirtentäscheltee.

Der Saft des Krautes wurde zum Rotfärben von Lackmuspapier verwendet.

Zur Entstehung des Namens berichtet der Volksmund von kleinen Hirten die eine Pause machten und ihre Taschen mit Geldstücken an einen Busch hängten. Am nächsten Morgen waren sie angewachsen, weil der Busch die Geldstücke für die reifenden Samen hielt. Wenn man heute die Täschchen öffnet um die Samen zu entnehmen, so soll man die Hirten tuscheln hören.

In der Geschichte "Die alte Kräuterfrau", wird auch darüber berichtet, wie das Kraut zu seinem Namen kam. Aufgrund der Länge hier nachzulesen. In dem Weihnachtsmärchen "Lüttjemann und Püttjerinchen" von Hermann Löns (1866-1914) kommt das Hirtentäschel ebenfalls vor.

Die alten griechischen und römischen Ärzte (Dioskurides, Galenus u. a.) scheinen sich hauptsächlich der Samen des Hirtentäschels bedient zu haben.

So schreibt Dioskurides: "Der Same ist scharf erwärmend, er führt die Galle nach unten und oben ab, wenn ein Essignäpfchen voll davon genommen wird. Er wird aber auch bei Ischiasschmerzen im Klistier angewandt. Genossen führt er das Blut ab und öffnet die innerlichen Abszesse. Er befördert die Katamenien (gr. kata und mên Monat, Monatsblutung (HIPPOKRATES) und tötet die Leibesfrucht."

Im Mittelalter erfreute sich das Kraut einer hohen Wertschätzung als Hämostyptikum (Blutstillungsmittel), geriet aber dann später in Vergessenheit und wurde erst während des Weltkrieges infolge des Mangels an ausländischen Drogen mehr genannt.

Kerschensteiner faßte seine Erfahrungen mit dem Fluidextrakt des Hirtentäschels wie folgt zusammen: "In Fällen von Unterleibsblutungen, besonders bei Menorhagien, trat in einer ganzen Reihe von Fällen eine so deutliche Besserung ein, daß ein zufälliges Zusammentreffen von Besserung und Verabreichung des Medikaments nicht wahrscheinlich ist. Die Wirkung des Extraktes scheint die des Mutterkorns und auch des Hydrastisextraktes mindestens zu erreichen, wenn nicht zu übertreffen, so daß es an Stelle dieser weiterverwendet wird."

Kneipp lobt es nur bei Blutungen (Magenblutungen, Blutungen aus der Lunge, Nase und sonstigen Blutflüssen) und stellt die Wirkung gleich hinter die des Zinnkrautes.

Siehe auch: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938 Dr. Med. Gerhard Madaus


Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.


Der Schweizer Priester und Naturarzt Johann Künzle (1857-1945) schreibt:
Der liebe Gott hat dieses Kräutlein
extra mit vielen kleinen Taschen,
ähnlich den Taschen der Schafhirten,
ausgestattet. Der gütige Schöpfer gibt
jedoch keine leeren Taschen, sondern
er legt immer etwas Gutes hinein.
Und in diese Taschen hat er Kraft der
Kühlung hineingelegt gegen inneren und
äußeren Brand, besonders in Nieren und
Unterleib und dortige Blutungen und Beschwerden.



"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt."
- J. G. Herder -

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