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Mittwoch, 26. November 2008, 08:31

Liebstöckel

Levisticum officinale W.D.J. Koch

Abb.: Flora von Deutschland Österreich und der Schweiz (1885)

Herkunft:
Levisticum ist, entgegen der Erklärung, die es vom lateinischen levare=erleichtern, lindern, ableitet; die lateinische Übertragung des griechischen libystikón oder ligystikón Name bei Dioskurides ligurisch=wohl, also gleichbedeutend mit ligústicum.

Vermutlich Persien

Volksname:
Badkraut, Bärmutter, Bergliebstöckel, Gebärmutterkraut (wurzel), Gichtstock (wurz), Labstock (wurzwl), Laubstock, Lebensstock (Oberharz), Leibstöckle, Leberstockkraut (wurzel), Leppstock, Levestock, Liebesröhre, Liebrohr, Liebstengel, Leibstäckle (Calw), (Erzgebirge), Lobstock (Elsaß), Lübstock (Mecklenburg), Lusch, Lustecken, Luststöckel, Maggikraut, Nervenkräutel, Rübestöckel, Saukraut, Sauerkrautwurz, Schluckwehrohr, Suppenlob, Wasserkräutel

Pflanzenfamilie:
Doldenblütler (Apiaceae)

Verwendete Pflanzenteile:
Wurzel, Blätter und Samen

Sammelzeit:
Wurzel: Zeitiges Frühjahr oder Spätherbst
Blätter: Frühjahr
Samen: Spätsommer

Inhaltsstoffe:
Ätherisches Öle, Angelikasäure, Apiol, Apfelsäure, Bitterstoffe, Gerbstoffe, Fette, Gummi, Harze, Stärke, Invertzucker, Kampfer, Carvon, Isovalerinsäure, Cumarine, Myristicin, Umbelliferon und Vitamin C (pro 100 g Frischegewicht 241,7 mg)

Heilwirkung:
Seit der Einführung des Capitulare de villis Karl des Großen, hat sich Liebstöckel als Nutzpflanze rasch überregional verbreitet und wurde in allen Klostergärten, in jedem Haus– und Bauerngarten kultiviert. In den mittelalterlichen Kräuterbüchern wird es als geschätzte Arzneipflanze, besonders als Diuretikum (Ausschwemmung von Wasser) erwähnt. Gerühmt wurde es als ein Mittel gegen allerlei Gift und die in Essig eingeweichte Wurzel gekaut, schützte vor Krankheitserregern, die auch durch die Luft übertragen wurden. In ländlichen Gegenden wurde/wird sie für Mensch und Tier gebraucht und unterscheidet sich nicht wesentlich von den heutigen Anwendungen.

Medizinisch werden die Wurzel und die Samen verwendet, deren Inhaltsstoffe anregend, antimikrobiell, blutstillend, beruhigend, fiebertreibend, harntreibend, blähungswidrig, krampflösend, magenstärkend, schleimlösend, schweißtreibend und verdauungsfördernd wirken.

Seit alters her wird es bei Verdauungs-, Magen- und Menstruationsbeschwerden, Sodbrennen, Rheuma, Gischt, Mittelohrentzündung, Bronchitis, Husten, Mundschleimhautentzündung und Wassersucht angewendet. Als Verdauungshilfe ist es in Bitterschnäpsen und Kräutertropfen enthalten.

Die getrocknete Wurzel ist Bestandteil von wasserausschwemmenden Tees und wird zur Durchspülungstherapie bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege und zur Vorbeugung von Nierengrieß, Nieren- und Gallensteinen, sowie als wirkungsvolles Mittel gegen Migräne verwendet. Aufgrund der entwässernden Wirkung ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten, kein Alkohol oder Kaffee.

Nicht während der Schwangerschaft, Stillzeit, eingeschränkter Herz- oder Nierentätigkeit und bei Nierenentzündung anwenden. Manche Inhaltsstoffe im Liebstöckel erhöhen die Lichtempfindlichkeit der Haut.


Kosmetik:
Ein Bad, daher der Name Badkraut, mit einem Liebstöckelabsud wirkt bei schlecht heilenden Wunden, gegen Entzündungen der Haut und Pickel, außerdem hat es noch einen angenehmen Nebeneffekt, man bekommt eine zarte und glatte Haut. Bei Ekzemen, eitrigen Wunden und Furunkeln kann ein Absud der Wurzel als Waschung oder Umschlag verwendet werden. Ein Vollbad ist auch hilfreich bei übermäßiger Schweißabsonderung, sowie bei Schweißfüßen (Fußbad).

Die Samen werden auch als Grundstoff für Parfüms verwendet.

In der Küche:
Vielen ist Liebstöckel als Maggikraut bekannt, hat jedoch nichts mit der Maggiwürze zu tun. Für den typischen Maggigeruch ist das im ätherischen Öl enthaltene Alcylphthalide verantwortlich. Die Herstellerfirma selbst klagte sogar dagegen und bestand darauf, daß "Maggi" nichts mit Liebstöckel zu tun hat.

Die frischen Blätter sollten in keinem deftigen Fleisch- oder Gemüseeintopf, einer kräftigen Suppe oder Brühe fehlen. Es paßt aber auch zu allen herzhaften Gemüsesorten Fleisch-, Reis- und Geflügelgerichten. Wegen des kräftigen Aromas sollte man sparsam damit umgehen.Beim Kochen der Kartoffeln kann es als Kochsalzersatz verwendet werden. Zum einfrieren und trocknen eignet es sich auch, verliert aber an Aroma.

Liebstöckelwurz wird in der Lebensmittelindustrie zur Herstellung und Aromatisierung von Gewürzextrakten benutzt.

Im Garten:
Die aromatische Gewürzstaude liebt die sonnige Lage und steckt ihre Wurzeln vorzugsweise in lockere, feuchte, humusreiche und tiefgründige Erde. Wegen des hohen Nähstoffbedarfs soll der Abstand zu anderen Pflanzen mindestens 1,5 Meter betragen, weil Liebstöckel anderen Pflanzen gegenüber wachstumshemmend wirkt. Bei optimalen Bedingungen und als einzelnstehende Staude kann es eine Höhe bis zu 2 m erreichen und ist ausreichend eine vierköpfige Familie das ganze Jahr über mit Heil- und Würzkraut zu versorgen. Das blühende Liebstöckel ist im Sommer nicht nur ein hübscher Blickfang, sondern die gelben Blüten eignen sich auch für einen Kräuterstrauß, der einen angenehmen aromatischen Duft verbreitet.

Geschichte:
Der Name Liebstöckel gilt von jeher als Muster einer "Volksetymologie". Er hat nämlich weder mit "Liebe" noch mit "Stock" etwas zu tun, vielmehr ist er nach dem mittellateinischen levisticum entstanden.

Ob die Pflanze schon im Altertum bekannt war, ist angesichts der Unsicherheit der Bedeutung des "ligystikón" des Dioskurides (= ligusticum bei Columella und Plinius) fraglich. Trotz mancher gegenteiligen Ansicht ist A. Tschirch dafür, unser Levisticum mit dem Ligusticum der Alten zu identifizieren.

Bei den Germanen wurde Liebstöckel als Mittel gegen Unwetter und Hexerei genutzt. Es wird zu den Liebespflanzen gezählt und Dioscorides schreibt: "Wurzel und Samen des Liebstöckel treiben den Harn und verhelfen Männern und Frauen nicht nur zu unkeuschen Gelüsten, sie tun es auch mit Begierde und Wonnen hernach".

Aus den Wurzeln wurden Liebestränke gebraut und am Busen getragen sollte das Kraut den Erwählten betören. Ein Absud aus Wurzeln und Blättern sollte unters Badewasser gemischt die Liebe des Mannes wecken. Die jungen Männer glaubten ihrerseits, sich mit Liebstöckel unwiderstehlich gegenüber des weiblichen Geschlechts zu machen. Mädchen die am Siebenbrüdertag Liebstöckel kauen hieß es, würden noch im selben Jahr heiraten und Mutter von sieben Söhnen werden. Vergrub man Liebstöckel in der Karfreitagsnacht unter Anrufung der heiligen Dreifaltigkeit und trug es später wieder ausgegraben auf sich, so soll es möglich gewesen sein Hexen zu erkennen. An Mariä Himmelfahrt ans Kreuz gebunden sollte es einen das ganze Jahr über vor Rückenschmerzen bewahren. Traditionell gehört es noch immer in den Kräuterbuschen, der zu Mariä Himmelfahrt geweiht wird.

In Gasthöfen wurde es den Reisenden als ein wichtiger Bestandteil eines beliebten Stärkungsmittels für unterwegs angeboten. Um die müden Füße zu erfrischen, legten sich Reisende die Blätter des Liebstöckel in die Schuhe und das Öl aus den Samen auf die Fußsohlen gerieben sollte vor Schlangenbissen schützen. Die Asche aus den Blättern und einer grünen Eidechse öffnete alle Schlösser. Hat die Frau früher ein mit dem Kraut gewürztes Gericht zu Tisch gebracht, so sollte dies ein Wink mit dem "Liebstöckel" für bevorstehende Liebesfreuden sein.

Erwähnt wird es im "Hortulus" des Walahfrid Strabo, im Capitulare Karls des Großen ist es als Sipe angeführt und die beiden heilkundigen Frauen des Mittelalters, die h l. Hildegard und Trotula, rühmen es als Mittel gegen Halskrankheiten und als Emmenagogum (Förderung der Menstruation). Auch in den angelsächsischen Medizinbüchern wird es häufig erwähnt. Die Kräuterbücher des 16. Jahrhunderts preisen die Tugenden des Liebstöckels eingehend. L. Fuchs faßt sein Urteil dahin zusammen: "In summa Liebstöckel ist ein treffentlich Kraut und würt demnach billich in alle Gärten geziht."

Zur Linderung von Halsschmerzen wurde durch den hohlen, röhrenförmigen Stengel des Liebstöckels warme, süße Milch getrunken oder der Stengel wurde auf einer Seite zum Brennen gebracht und der Rauch inhaliert. Diese Anwendungsart reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück und wird teilweise noch heute angewandt.

Da Dioskurides bereits schreibt, daß das Ligystikon gegen die Bisse giftiger Tiere helfe, ist das Mittel wohl auf dem Wege der Kräuterbücher aus der Antike ins Volk gedrungen. In der Tierarzneikunde wird die Wurzel zum Fördern des Milchflußes und Kalbens benutzt.

Walahfrid Strabo schreibt über Lybisticum:

Liebstöckel,, kräftiges Kraut, dich zu nennen im duftenden Dickicht
Heißt mich die Liebe, mit der ich im Gärtchen alles umfasse.
Zwar durch Saft und Geruch, so glaubt man, soll diese Pflanze
Schaden den Zwillingssternen der Augen und Blindheit bewirken.
Aber die kleinen Samen der Pflanzen pflegen doch manchmal als Beisatz
Anderer Arznei durch fremdes Verdienst sich Lob zu erwerben.


Siehe auch: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938 Dr. Med. Gerhard Madaus


Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.

"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt."
- J. G. Herder -

Tarja

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Donnerstag, 11. Dezember 2008, 14:39

Adamus Lonicerus: "Die Wurtzel oder Samen gestossen/ und auff die vergiffte gebissen Wunden der schlangen/ der nattern/ spinnen/ skorpion und der wütenden hund gelegt/ benimpt den schmertzen/ und zeucht auß das Gifft."

In Schlesien rieb man die Fußsohlen mit Liebstöckel ein, um vor Schlangenbissen geschützt zu sein; in Estland galt das auf Schlangenbisswunden gelegte Kraut als wirksam.

In Böhmen badete man schon kleine Mädchen mit Liebstöckel, damit sie später auf Männer anziehend wirken, in Altbayern trug die Frau Liebstöckel unter dem Mieder. In Slawonien schaut die Braut durch einen Liebstöckelkraut hindurch, um das Eheglück zu fördern.

Im Erzgebirge bestrich man die Hörner der Rinder mit Liebstöckelsud, und unter die Gänseeier gelegt, sollte Liebstöckel das Brutgeschäft fördern.

Nach Bodin (1591) gehörte Liebstöckel zum Bestandteil der Hexensalben.

Hier noch eine Version, was ich über Mutterwurz in Verbindung mit Liebstöckels Herkunft gefunden habe:

In den Schneetälern der Alpen wachsen Mutterwurzarten, die schon in der Antike als Periodemittel bekannt sind. Nach Dioscorides (ca.50) kommen die Ligusticum - Arten, wie sie schon in der Antike hießen, in den Bergen Liguriens vor, zwischen Genua und Rhonetal. Seit dem frühen Mittelalter bezeichnete man mit Ligusticum auch den Liebstöckel, eine aus Persien stammende uralte Kulturpflanze. Vermutlich wurden Mutterwurz und Liebstöckel im Laufe der Zeit verwechselt, wie Brunfels (1532) hinweist. Vermutlich hat auch Hildegard von Bingen die Pflanze verwechselt, da der Liebstöckel wohl erst später wahrscheinlich durch die Hunnen aus dem Osten mitgebracht wurden.

Botanisch ist Mutterwurz und Liebstöckel eigentlich nicht zu verwechseln, so daß man annimmt, das die Verwechslung nur über die Namen gekommen war, indem aus Ligusticum dann Liebisticum und schließlich eingedeutscht Liebstöckl wurde.
„Die Wahrheit bedarf nicht viele Worte, die Lüge kann nie genug haben.“

Nietzsche

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