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Montag, 24. November 2008, 07:48

Brennessel

Urtica dioica L.

Abb.: Flora von Deutschland Österreich und der Schweiz (1885)

Herkunft:
Urtica abgeleitet vom lateinischen úrere=brennen; dioica=zweihäusig; Nessel - althochdeutsch nezzila, mittelhochdeutsch nezzel vermutlich im Zusammenhang mit "Netz" wegen der Verwendung der Bastfasern zu Gespinsten.

Mitteleuropa

Volksname:
Donnernessel, Donnernettel, Dudelkolbe, , Eselskraut, Estekraut, Feuerkraut, Gichtrute, Große Neddeln, Große Nessel, Hanfnessel, Haarnessel, Nessel, Nesselkraut, rotes Feuer, Saunessel, Scharfnessel, Senznessel, Tausendnessel, Teufelskraut, Tissel, Tittenkölbl, Zingel

Pflanzenfamilie:
Brennesselgewächse (Urticaceae)

Verwendete Pflanzenteile:
Blüten, Kraut, Samen und Wurzel

Sammelzeit:
Junge Triebe fast ganzjährig, Blüten ab Juli, Samen, Stengel und Wurzel im Frühherbst

Inhaltsstoffe:
viel Vitamin C und Provitamin A, Caffeoyl-Chinasäuren (z.B. Caffeoyl-Äpfelsäure), Mineralsalze, besonders Calcium- und Kaliumsalze, Kiesel- und Ameisensäure, Magnesium, Eisen, Chlorophyll, Acetylcholin, Wachs, ätherische Öle, als Bestandteile des Neselgiftes z.B. Histamin und Serotonin.

Heilwirkung:
Brennessel gehört mit zu den ältesten Heilpflanzen, die auf eine breite Anwendung zurückblicken. Bereits 63 n.Chr. setzte man sie zur Behandlung rheumatischer Beschwerden ein, dabei wurde auch das Peitschen der nackten Haut mit Brennesselruten praktiziert.

Sie wirkt appetitanregend, blutreinigend, blutbildend, blutstillend, harntreibend, entwässernd, entzündungshemmend, schleimlösend und stoffwechselanregend.

Innerlich angewandt fördert sie die Ausscheidungen und stärkt das Immunsystem, regt die Blutbildung, den Stoffwechsel und die Gallensekretion an und wird vorzugsweise bei Gischt- und Rheumaleiden, sowie Gelenkerkrankungen eingesetzt. Sie ist aufgrund ihrer verschiedenen Wirkstoffe aber auch sehr hilfreich bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege, zur Vorbeugung gegen Nieren- und Blasensteine, bei Nieren-, Harnwegs- und Blasenentzündungen, Akne, Durchfall, Husten, Verstopfung, Magen- und Nierenschwäche, Bluthochdruck und Menstruationsbeschwerden. Bei Erschöpfung wirkt sie als Muntermacher.

Die homöopathische Urtinktur, Urtica dioica 0, wird noch heute bei Rheuma und Arthritis angewandt.

Wer keine frischen Brennesseln zur Verfügung hat, kann auch auf Produkte aus der Apotheke zurückgreifen. Die Wirkstoffe sind in Tees, Tabletten, Salben enthalten, sowie als Tinktur oder Frischpflanzensaft erhältlich. Während der Anwendung sollte unbedingt wegen der entwässernden Wirkung auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden, mindestens 2-3 Liter Wasser oder verdünnter Fruchtsaft, kein Alkohol oder Kaffee.

Auch in der Tierheilkunde war und ist heute noch immer die Brennessel beliebt. Sie regt die Milchproduktion bei Kühen und Schafen, die Legeleistung bei Hühnern an und beugt rheumatischen Erkrankungen vor. Als Vitaminlieferant und um das Wachstum bei Küken, Ferkeln und Kälbern anzuregen, werden ebenfalls Brennesseln verfüttert. So legten/legen sich die Bauern immer einen Vorrat von Kraut und Samen an, um diese im Winter dem Futter beizumischen.

Kosmetik:
Aus den Blättern der Brennessel läßt sich Haarwasser oder eine Spülung (auch in Fertigprodukten enthalten) zur Pflege der Kopfhaut bei fettigem Haar und Schuppen herstellen, dadurch wird die Durchblutung angeregt und das Haarwachstum gefördert. Ein Gesichtsdampfbad oder eine Maske bei unreiner Haut, wirkt porenverengend und blutreinigend.

Innerlich angewandt kräftigt der hohe Kieselsäuregehalt und das enthaltene Silizium zudem Nägel, Haare und das Bindegewebe.

In der Küche:
Die jungen Blätter und Triebe im Frühjahr, eignen sie sich gut für Wildsalate, als Gemüse, für Suppen, Aufläufe, Kräuterquark oder als Brennnesselspinat. Später im Jahr werden nur noch die oberen Triebe verwendet, deren brennende Eigenschaften sich beim Kochen verlieren. Mit Nesseln gekochtes Fleisch soll sehr schön zart werden.

Eine Brennesselkur mit frischem Saft im Frühjahr reinigt das Blut, regt die Bauchspeicheldrüse, Blase, Nieren, sowie die Magen- und Darmtätigkeit an und versorgt den Körper mit allen wertvollen Mineralien Vitaminen und vertreibt die Frühjahrsmüdigkeit. Gerichte mit ihr gelten aufgrund ihrer durchblutungsfördernden Wirkung als aphrodisierend und noch im Mittelalter wurde die Einnahme von Brennesselsamen für Nonnen und Mönche verboten.

Um leicht verderbliche Lebensmittel länger frisch zu halten, wurden sie in Brennnesselblätter eingewickelt. Die enthaltenen Wirkstoffe verhinderten so die Vermehrung bestimmter Bakterien.

Im Garten zeigt sie uns humus- und stickstoffhaltigen Boden an. Als Brennesseljauche düngt sie nicht nur den Boden, sondern hält auch lästige Blattläuse fern und trägt zur Bildung des Blattgrüns bei. Läßt man ihr ein Plätzchen neben aromatischen Kräutern, so steigert sie deren Gehalt an ätherischen Ölen und den Duft.

Geschichte:
Bei den Germanen (vermutlich auch bei den Kelten) zählte die Brennessel zu den besonderen Pflanzen und war ihrem Donnergott Donar geweiht. Sie galt als Beschützerin des Gehöfts, weil sie die Nähe menschlicher Siedlungen sucht.

Bei drohendem Gewitter wurden Brennesselruten auf den Bierbottich gelegt, damit das Gebräu nicht sauer wird. Auch heute wird in England noch das aus Nessel gebraute "nettle beer" zum Ausspülen von Schlacken aus dem Blut gebraucht.

Im Mittelalter war man überzeugt, daß die Nessel mit ihren Brennhaaren auch so manches Unheil fernhalten könne, wie Blitz und Hagel (Donnernessel), Hexen und Dämonen. Angeblich konnte nur eine wahrhaftige Jungfrau eine Brennesssel anrühren, ohne sich zu verbrennen. Zur Sonnenwende wurde es zum Ausräuchern von Haus und Hof gebraucht. Um sich ein gutes Jahr zu sichern, aß man am 1. Januar Brennnesselkuchen und um sich gegen Elfen- und Nixenzauber zu schützen, wurde am Johannistag Brennnesselpfannkuchen verspeist. Sie gehört traditionell zu den Gründonnerstagsspeisen. Um frei von Furcht und bei kühlem Verstand zu bleiben, soll man fünf Nesselblätter in der Hand halten.

Auch in Märchen, Sagen und Gedichten spielt sie eine bedeutende Rolle. Im "Märchen von den wilden Schwänen" von Hans Christian Andersen, in dem die Königstochter Elisa Hemden aus Brennesseln (Hanfnessel) für ihre 11 Brüder strickt, die von der bösen Stiefmutter in wilde Schwäne verwandelt wurden, um diese zu erlösen. Im "Märchen von der Jungfrau Maleen", eigentlich aus der Sammlung Karl Müllenhoffs Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg von 1845, welches die Gebrüder Grimm in ihre Kinder- und Hausmärchen aufgenommen haben. Ähnlich dem Märchen "Die sechs Schwäne" von den Gebrüdern Grimm (Kinder- und Hausmärchen), in dem die Schwester der Brüder sechs Jahre lang nicht sprechen und nicht lachen darf und in dieser Zeit sechs Hemden aus Sternblumen zusammennähen muß, um diese von dem Zauber zu erlösen.

Daran angelehnt ist die Liebesballade - "Ballade vom Brennnesselbusch" von Börries Freiherr von Münchhausen aus dem Jahr 1910.

Im Altertum besangen Horaz und Ovid die Nessel, der griechische Naturphilosoph Phanias schrieb ihr zu Ehren ein ganzes Buch und der römische Dichter Catull war voll des Lobs für die Brennessel in einem Gedicht. Bei Hieronymus Bock stand sie am Anfang seines Kräuterbuches als harntreibendes Mittel.

Walahfrid Strabo beschreibt sie als "Pflanze, auf deren Blätter Pfeile wachsen mit brennendem Gift. Wer sich an ihr reibt, sticht sich an ihr".

Mattioli: "Nesselblätter in Wein gesotten und getrunken, machen zur Liebe feurig, locken zur Unkeuschheit". Brunfels schreibt: "Wenn sie wollen eheliches Werck treiben, essen sie den samen mit zwiebeln und eys dotteren und Pfeffer".

Aus dem Kräuterbuch des Dodonäus (16. Jahrhundert) "Das Kraut kenn ich" sagte der Teufel und setzte sich genüßlich in einen großen Brennesselbusch, gleich hinterm Haus.

Sebastian Kneipp schrieb über das Kraut: "Die Brennessel ist die verachtetste unter den Pflanzen. Für den Kenner hat sie in der Tat den größten Wert".

Bock schildert die Nesselblätter als erweichendes, wind- und harntreibendes, grimmenstillendes, aphrodisiakisches, wundheilendes Mittel, dessen äußerlichen Gebrauch bei "faulen schäden / als Krebs / Volff", bei Beulen und Geschwülsten der Glieder, der Milz und Ohren er besonders empfiehlt. Als weitere Indikationen gibt Matthiolus an: Seitenstechen, übermäßige Menses, Verhütung von Nierenstein und -grieß, fressende Geschwüre.

Ein gutes Wurmmittel für Kinder zur täglichen Einnahme, stellte man aus den Samen in Wasser oder Milch gekocht her.

Als Sympathiemittel spielte sie immer eine große Rolle, ein Beispiel dafür ist folgendes Rezept zur Vertreibung des Fiebers, aus der Magdeburger Gegend: Man nimmt eine Handvoll Salz und sät das in Brennesseln. Dabei spricht man:

"Ich streue meinen Samen
In neunundneunzigeren Fiebers Namen,
Aber du sollst nicht aufgehn,
Bis ich komme und schneid dich ab."

Siehe auch: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938 Dr. Med. Gerhard Madaus

Früher wurden die Bastfasern des Stengels genutzt um daraus Reusen, Tragtaschen, Fallstricke, Netze, Taue, Schnüre, Säcke und "Nessel"stoff, der fester als Leinen war zu fertigen. Er galt später auch als Leinen der armen Leute. Zum stricken wurden die Fasern ebenfalls verwendet. Außerdem gebrauchte man das Kraut um Stoffe grüngelblich zu färben, um einen gelben Ton zu erhalten, kochte man die Wurzel mit Alaun auf. Löschte man Stahl im Saft von Nesseln, so wurde dieser weicher und leichter zu bearbeiten.

Jacob Christian Schäffer in Regensburg, ein gelehrter Naturforscher, veröffentlichte zwischen 1765 und 1771 sechs Bände "Versuche und Muster ohne alle Lumpen oder doch mit einem geringen Zusatz derselben Papier zu machen" über die Herstellung von Papier aus pflanzlichen Stoffen z.B. Moos, Hopfenranken, Weinreben, Brennnesseln, Disteln, Tannenzapfen usw.


Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.

Wenn ihr an Nesseln streifet,
So brennen sie;
Doch wenn ihr fest sie greifet,
Sie brennen nie.
So zwingt ihr die Feinen,
Auch die gemeinen Naturen nie.
Doch preßt ih wacker
Wie Nußaufknacker,
So zwingt ihr sie.

- Friedrich Rückert (1788 bis 1866) -

"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt."
- J. G. Herder -

Tarja

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Montag, 24. November 2008, 09:55

Die Brennessel ist neben Ackerschachtelhalm einer meiner Lieblingsnutzpflanzen, die ich in der Nähe unseres Gartens nicht missen will. Im Gegenteil, ich pflege sie. Außerdem bietet sie sehr vielen Pflanzennützlingen Schutz, vor allem Schmetterlingslarven. Eigens für meinen Garten habe ich im Wäldchen davor neben Brennesseln noch andere einheimische Kräuter zum Gedeihen gebracht. So kann ich mich im nächsten Frühjahr über Rainfarn und Schlangenkopffarn erfreuen. An die überdüngten Weg- und Feldränder streue ich gerne selbst gefangenen Wildkräutersamen wie Kamille, Mohn oder auch Flachs. Eben alles, was ich so im Laufe des Jahres bei Fahrradtouren sammle. Ich weiß es klingt ein wenig verrückt, :S aber haben wir nicht alle schon von den bunten Feldern geschwärmt, die wir früher einmal hatten? Auf jeden Fall, finde ich es sehr schön, solche liebevoll hergerichteten Kräuterseiten hier zufinden. :applaus: Schließlich gehört dieses alte Wissen auch zur alten Kultur unseres Volkes, welch die Pharmaindustrie uns immer wieder zu verteufeln versucht.
„Die Wahrheit bedarf nicht viele Worte, die Lüge kann nie genug haben.“

Nietzsche

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