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Tarja

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Samstag, 22. November 2008, 20:41

Das Tröglein - deutsches Märchen

Es waren einmal zwei Eheleute, die hatten einen Buben von vier Jahren und lebten rechtschaffen in einem kleinen Häuschen. Bei ihnen lebte auch der Großvater des Knaben, der den Kleinen oft auf seinen Knien hatte reiten lassen, als das Kind noch kleiner war.
Aber nun war der Großvater so alt und zittrig geworden, daß er kaum noch den Löffel richtig halten konnte, um sein Süppchen zu essen. Immer wieder floß ihm die Suppe vom Löffel und die beiden Eltern des Knaben begannen sich davor zu ekeln, den Großvater am Tisch mitessen zu lassen.
Eines Tages waren sie es so leid, daß sie dem alten Mann den Teller und Löffel wegnahmen, ihm eine hölzerne Schüssel gaben und ihn hinten auf die Ofenbank zum Essen schickten. Dem alten Mann kullerten ein paar Tränen in seinen weißen Bart, doch er tappte in die dunkle Ecke und schlürfte dann dort seine Suppe.
So war es dann jeden Tag, der alte Mann mußte auf der Ofenbank in der hinteren Ecke des Stübchens bleiben und bekam sein Essen in der Holzschüssel. Die Eltern und der kleine Bub saßen am Tisch.
Nach ein paar Tagen fiel dem Vater auf, daß sein kleiner Sohn einige alte Brettchen aus dem Holzvorrat geholt hatte und mit diesen begann, irgendetwas zu bauen. Der Mann holte stolz die Frau aus der Küche um ihr zu zeigen, was der Knabe schon anfing. Beide schauten neugierig zu und dann fragten sie ihren Sohn "unser Lieber, was soll denn aus diesen Brettchen werden?"
Der Kleine schaute auf, sah sie ganz ernst an und sagte dann "ich möchte ein Tröglein bauen, aus dem ihr essen könnt, wenn ihr alt geworden seid". Da sahen sich Frau und Mann ganz beschämt an, die Tränen stiegen ihnen in die Augen und dann gingen sie zur Ofenbank und führten den Großvater wieder an den Tisch. Von da an durfte der Großvater wieder mit ihnen zusammen essen und war bis zu seinem Ende glücklich.
„Die Wahrheit bedarf nicht viele Worte, die Lüge kann nie genug haben.“

Nietzsche

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Sonntag, 23. November 2008, 10:08

Original zum "Tröglein"

Der alte Großvater und der Enkel - von den Gebrüder Grimm

Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die Augen trüb geworden, die Ohren taub, und die Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tische saß und den Löffel kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf das Tischtuch, und es floß ihm auch etwas wieder aus dem Mund. Sein Sohn und dessen Frau ekelten sich davor, und deswegen mußte sich der alte Großvater endlich hinter den Ofen in die Ecke setzen, und sie gaben ihm sein Essen in ein irdenes Schüsselchen und noch dazu nicht einmal satt; da sah er betrübt nach dem Tisch, und die Augen wurden ihm naß. Einmal auch konnten seine zitterigen Hände das Schüsselchen nicht festhalten, es fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schalt, er sagte aber nichts und seufzte nur. Da kaufte sie ihm ein hölzernes Schüsselchen für ein paar Heller, daraus mußte er nun essen. Wie sie da so sitzen, so trägt der kleine Enkel von vier Jahren auf der Erde kleine Brettlein zusammen. "Was machst du da?" fragte der Vater. "Ich mache ein Tröglein", antwortete das Kind, "daraus sollen Vater und Mutter essen, wenn ich groß bin." Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen, holten alsofort den alten Großvater an den Tisch und ließen ihn von nun an immer mitessen, sagten auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete.
„Die Wahrheit bedarf nicht viele Worte, die Lüge kann nie genug haben.“

Nietzsche

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