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Montag, 3. November 2008, 23:52

Wermut

Artemisia absinthium L.

Abb.: Köhler's Medizinal-Pflanzen 1887

Herkunft:
Nach Dioskurides stammt der Artname von apsinthos=unerfreulich oder von apinthos=untrinkbar ab

Asien

Volksname:
Absinth, Alsem, Ätsch, Bitterer Beifuß, Birmet, Bitterals, Gärtnerheil, Grabekraut, Grüne Fee, Heilbitter, Hilligbitter, Magenkraut, Mäusetod, Wärmede, Wermot, Wermte, Wermutkraut, Wiegenkraut, Wormken, Wörmken, Wörmö, Wrämt, Wrämp, Wurmet, Wurmkraut,

Pflanzenfamilie:
Korbblütler (Asteraceae); die Gattung Artemisia L. besteht aus ca. 300 Arten

Verwendete Pflanzenteile:
Blätter und Blüten

Sammelzeit:
Juni bis August

Inhaltsstoffe:
Ätherisches Öl (Terpenalkohole Thujol und Thujon), Bitterstoffe (Absinthin und Anabsinthin), Gerbstoffe, Harze, das Flavonoid Artemisethin, Quercetin, Apfel- und Bernsteisäure, sowie Kaliumnitrat, Vitamine C und B2.

Heilwirkung:
Wermut zählt zu den bittersten und bekanntesten unter den Kräutern und findet wie das Tausendgüldenkraut vorwiegend bei Magen- und Darmproblemen Anwendung. Aufgrund seiner Bitterstoffe regt er den Appetit an und fördert die Verdauung. Er ist hilfreich bei Übelkeit, Völle-, Druck- und Schmerzgefühl im Magen, lindert Magen- und Darmkrämpfe, sowie Blähungen, regt die Gallesekretion an und fördert die Harnausscheidung, stärkt die Leber, das Verdauungssystem die Nerven und den Kreislauf, bessert Gelbsucht, Blutarmut und Zuckerkrankheit, wirkt Menstruations- und Wehen fördernd, sowie wurmaustreibend und wird seit alters her zur Entgiftung der Körpersäfte benutzt.

Äußerlich wird er bei schlecht heilenden Wunden, Geschwüren, Hautflechten, Insektenstichen, Quetschungen und Verstauchungen genutzt.

Wermuttee ist sehr bitter und ein Süßen kann die Wirksamkeit sogar beeinträchtigen, will man dennoch nicht auf die Heilwirkung des Wermuts verzichten, so kann alternativ eine Teemischung mit Tausendgüldenkraut und Pfefferminze verwendet werden.

Bei der Verwendung von Wermut ist unbedingt die Dosierung einzuhalten, während der Schwangerschaft, der Stillzeit und bei Kindern, sowie bei Magen- und Darmgeschwüren, sollte er nicht angewendet werden. Wermut war in früheren Zeiten auch als illegales Abtreibungsmittel bekannt.

Als homöopathisches Mittel wird Absinthium in Potenzen von der Urtinktur bis zur D12 bzw. in der C1 bis zur C6 angeboten. In Fertigarzneimitteln ist er zur Anregung der Leber- und Gallefunktionen enthalten.

Ein alter Volksspruch besagt: "Wermut ist für alles gut"

Deshalb eignet er sich sowohl einzeln, als auch in Räuchermischungen zum verräuchern und verbreitet einen warmen und würzigen Geruch.

Kosmetik:
Das ätherische Öl wird in der Parfüm- und Kosmetikindustrie verwendet.

In der Küche:
Als Gewürz werden die getrockneten Blätter junger Pflanzen (ähnlich wie Beifuß) für Fleischgerichte, besonders zu fetten Speisen, wie Gans, Ente, Hammel und Eisbein verwendet und machen die Speisen so bekömmlicher.

Wermut ist auch als Absinth bekannt und wurde ursprünglich im 18. Jahrhundert als Heilelixier hergestellt. Die Absinthmarken waren überwiegend von grüner Farbe (bedingt durch die Zugabe von anderen Kräutern), deswegen wurde er auch als „grüne Fee“ bezeichnet. Den Höhepunkt seiner Popularität erreichte das Getränk im 19. Jahrhundert, welches eine berauschende, euphorisierende, einschläfernde bis narkotische Wirkung hatte und auch von vielen prominenten Persönlichkeiten konsumiert wurde und nicht selten durch den Inhaltsstoff Thujon, der bei übermäßigem Genuß süchtig machen und halluzinogen wirken kann, in den sogenannten Absinthismus (ähnlich dem Alkoholismus) führte. Die Folge waren Schwindel, Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Depressionen, Krämpfe, Blindheit sowie geistiger, körperlicher und moralischer Verfall. 1905 wurde das Getränk nach einem spektakulärer Mordfall in der Waadtländer Gemeinde Commugny in den meisten europäischen Ländern und den USA gesetzlich verboten (1923 in Deutschland). Heute ist bekannt, daß die Nebenwirkungen hauptsächlich auf den unreinen und hohen Alkoholgehalt 45 % bis 90 %, sowie die beigemischten Substanzen zurückzuführen waren. Seit 1998 ist die Herstellung von Absinth mit einem Thujonanteil, der je nach Alkoholgehalt bei bis zu 35 mg/l liegen darf, in Deutschland wie den meisten EU-Ländern und in der Schweiz wieder erlaubt.

Im Garten:
Durch die abgegebenen Abwehrsekrete in den Boden gedeihen andere Pflanzen in direkter Nähe nur schwer, deshalb ist er ein schlechter Partner in Mischkulturen, ungünstige Nachbarn sind z.B. Fenchel, Kümmel und Melisse. Bewahrt man jedoch einen Mindestabstand von 30-40 cm, so klappt es auch meist mit der Nachbarschaft. Die Verträglichkeit mit anderen Pflanzen ist von der Sorte des Wermuts abhängig, denn manche vertragen sich durchaus mit anderen Stauden. Außerdem wirkt Wermut antimikrobiell und nimmt so, neben rote und schwarze Johannisbeeren gepflanzt, eine schützende Rolle vor Säulenrost ein, dabei rechnet man 1 Wermutstaude auf 5 Johannisbeersträucher. An unerwünschten Stellen vertreibt er Ameisen, Brombeermilben, Erdflöhe, Läuse, Maulwürfe, Milben, Motten, Raupen, Schnecken, Spinnen. Als Wermuttee- oder jauche regelmäßig gespritzt, hält er Ungeziefer aus dem Garten fern und reserviert man ihm ein Plätzchen in der Nähe der Terrasse, so vertreibt er lästige Mücken und Fliegen, so daß einem gemütlichen, erholsamen Aufenthalt an einem lauen Sommerabend nichts mehr im Wege steht.

Geschichte:
Wermut wurde der Göttin Artemis geweiht, Göttin der Jagd, des Mondes, Waldes und Schutzgöttin der Geburt und der Hebammen. Es gehörte zu den Beschreikräuter, die Schutz vor schwarzer Magie bieten. Kleinen Kindern wurde es als Wiegenkraut in die Wiege gelegt, um ihnen zu tiefen Schlaf zu verhelfen und sie vor Zauberei und Dämonen zu schützen In den Rauhnächten wurden die Viehställe mit Wermut ausgräuchert, um das Vieh vor Hexerei und Zauberei zu schützen. Um den Hals getragen, soll es den Bösen Blick abwehren und auch vor Behexung schützen. Um die Schriften vor Mäuse- und Insektenfraß zu schützen, mischten die Schriftgelehrte im Mittelalter Wermut zu ihrer Tinte. Wermutblätter in Kleidertruhen hielt die Motten fern.

Erste Hinweise auf die Verwendung von Beifuß-Arten zu Heilzwecken finden sich bereits im Papyrus Ebers (mit Texten aus der Zeit von 3550 bis 1550 v. Chr.). Der reichenauer Mönch Walahfried Strabo hat mit seinen Gedichten zur Beschaffenheit und Wirkung von 24 Heilpflanzen des Klostergartens im "Liber de cultura hortorum", auch bekannt als "Hortulus", ein frühes botanisches Werk geschaffen.

Von Hippokrates wurde der Wermut gegen Gelbsucht, Tetanus und als uterusreinigendes Mittel angewandt. Hildegard von Bingen gebrauchte ihn gegen Magenschwäche, Zahnschmerz und bezeichnete den Wermut als den Meister über alle Erschöpfungen. Pfarrer Kneipp empfahl ihn gegen alle Verdauungsprobleme und Ansteckungen.

Paracelsus führt ihn als magenstärkend (jedoch nur bei vollem Magen), wurmvertreibend, stuhlerweichend, grimmenstillend, emmenagog, als hilfreich bei Milzstechen, Vergiftungen, Wunden, Schwellungen, Pruritus und als Prophylaktikum gegen Seekrankheit an.

Lonicerus rühmt recht viele Tugenden des Wermuts, so seine magenstärkende und -wärmende, verdauungsfördernde, appetitanregende, leber- und milzreinigende Kraft und die günstige Wirkung bei Gelb- und Wassersucht, Schlaflosigkeit, Trunkenheit, Fieber. Das Öl soll, in die Ohren geträufelt, das verlorene Gehör wiederbringen, das Kraut mit Honig aufgelegt die gequetschten Glieder heilen.

Der berühmte Schweizer Kräuterpfarrer Künzle (1857-1945) schrieb: "Ist einer grün wie ein Laubfrosch, mager wie eine Pappel, nimmt täglich ab an Gewicht und Humor und wirft keinen Schatten mehr, der probiere es mit einem Teelöffel voll Wermuttee alle 2 Stunden".

Auf eine merkwürdige Eigenschaft des Wermuts wies Pater hin: ölige, schmutzige Hände und schmutzige, mit Öl durchtränkte Wäsche und Lumpen werden auffallend rein, wenn man sie im Wasser mit Wermut reibt. Nach Pater hat es den Anschein, als ob Wermut die Seife ersetzen könne - ohne daß man bisher in der Pflanze Saponine gefunden hätte. Siehe auch: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938 Dr. Med. Gerhard Madaus

Früher benutzten die Imker Wermut zum räuchern beim Honigwaben ausschneiden um die Bienen damit zu betäuben und sich so gegen die Bienenstiche zu schützen. Zur Vertreibung der Erdflöhe wurde ein Absud von Wermut hergestellt und die Pflanzen damit besprengt, dies sollte auch gegen Blattläuse helfen. Die Wermuth=Pflanze wird gern von den Schafen gefressen. Die Schäfer sammelten und trocknen sie, um sie im Winter als ein so manchen Krankheiten vorbeugendes Mittel dem Futter beizumischen.

Redewendungen:
Jede Freude enthält einen Tropfen Wermut.

Ein Wermutstropfen im Becher der Freude sein.

Wermut macht Schwermut.


Symbolisch oder poetisch steht der Name "Wermutstropfen" (umgangssprachlich eher als Wehmutstropfen bekannt) für die Bitterkeit des Wermuts und beschreibt Dinge oder Erfahrungen die eine Spur von Bitterkeit oder Schmerz, in an sich Schönes bringen. Denn nur ein einziger Tropfen Wermut verleiht allem Süßen eine Spur Bitternis.

In der Bibel steht Wermut als Synonym für Gift, also etwas Übles und kommt besonders in den Drohworten der Propheten vor.

Als Wermutsbruder wird ein Vagabund, Stadt- oder Landstreicher, der übermäßig viel Alkohol trinkt bezeichnet.


Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.


"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt."
- J. G. Herder -

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