Herkunft:
Abgeleitet vom lateinischen Centaurium=
centum=hundert;
aurum=Gold; wegen seiner Heilkräfte 100 Gülden wert
Europa, mit Ausnahme der nördlichen Gebiete
Volksname:
Aderntee, Agrinken, Allerweltsheil, Apothekerblum, Bitterkraut, Erdgalle, Fieberkraut, Gardenseidenkraut, Gartenheide, Geschoßkraut, gemeine Erythäe, gemeiner Röthling, großes Tausendgüldenkraut, Gottesgnadenkrût (Nordthüringen), Himmelblümlen, Hundert- und Tausendgüldenkraut, Laurin (Ostpreußen), Laurinkraut, Magreiten, Muttergotteskraut, Potrak, Aurin (lat. Im Mittelalter), rother Aurin, Santor, Sanktorinkraut, Schmeckeblume, Sinögge, Sintau, Tausendkraft, Tollhundskraut, Tsantali, Unserer Lieben Frau Bettlstroh, Unserer Lieben Frau Wegstroh, Verschreikräutel
Pflanzenfamilie:
Mit über 40 weiteren Arten zählt es zur Gattung Centaurium aus der Familie der Enziangewächse (Gentianaceae)
Verwendete Pflanzenteile:
Das gesamte blühende Kraut ohne Wurzel
Sammelzeit:
Juli und August
Inhaltsstoffe:
Hauptsächlich bitterer Extractivstoff (Centaurin), Glykoside, Flavonoide, Ätherische Öle, Valeriansäure und Xanthone
Heilwirkung:
Als klassische Bitterdroge wird es in der Volksheilkunde als appetitanregendes Magenmittel, bei Magenschwäche, mangelnder Magensaftabsonderung, sowie chronischer Magen- und Darmentzündung verwendet. Desweiteren bei Appetitlosigkeit, Diabetes, Erschöpfungszuständen, Fieber, Gallenbeschwerden, Gelenkrheumatismus, Gischt, Immunschwäche, Koliken, Leberstörungen, Menstruationsbeschwerden, Müdigkeit, Nervenschwäche, Verstopfung.
Bitterstoffe besitzen allgemein eine anregende Wirkung und fördern die Herztätigkeit, erhöhen den Gefäßtonus und regen den gesamten Stoffwechsel an.
Wichtig bei Bitterstoffdrogen ist, daß sie richtig dosiert und angewendet werden.
Eingenommen werden sie ca. eine Viertel- bis eine halbe Stunde vor dem Essen ein. Kleinere Mengen Bitterstoffe wirken anregend auf die Verdauung, größere bewirken das Gegenteil. Es empfiehlt sich, kleinere Mengen Bittermittel regelmäßig über längere Zeit einzunehmen als sporadisch eine zu hohe Dosis.
Bei Magengeschwüren und Zwölffingerdarmgeschwüren soll das Kraut nicht angewendet werden.
Äußerlich wird der Tee des Tausendgüldenkrautes als Waschung, Bad oder für Umschläge vor allem bei eitrigen Wunden, Ekzemen, Hautunreinheiten und Flechten verwendet. In der Apotheke ist das Kraut als "Herba Centaurii" erhältlich.
Rezept für Magenbitter -
Kostproben aus Kaiser Karls Kräutergarten
1 Teel. Tausendgüldenkraut,
1 Teel. Fieberklee (Menyanthes trifoliata),
etwas Wermut und Kamillenblumen,
einige Pomeranzenschalen,
in 2 l Rotwein ansetzen, an einem warmen Ort 8 Tage ziehen lassen.
Den Wein abgießen, die Kräuter dabei ein wenig ausdrücken, filtrieren, gut verschlossen in einer Flasche aufbewahren, zweimal tägl. 1 Likörglas davon trinken.
Der Magenbitter erwärmt den Unterleib, fördert die Verdauung und reinigt Leber und Niere.
Auch in der Tierheilkunde findet Tausendguldenkraut Anwendung, z.B. gegen Blutharnen, Durchfall oder Verstopfung, zum Reinigen von Wunden und zur Steigerung der Fresslust.
Geschichte:
Die antiken Ärzte unterschieden ein kleines und ein großes Centaurium, von denen das erstere
kentaúrion to mikrón= kleines Kentaurion bei Dioskurides als
Centaurium umbellatum gedeutet worden ist. Nach Plinius hat das Centaurion den Namen von dem Centauren Chiron erhalten, einer griechischen Sage nach heilte Chiron eine Pfeilwunde an seinem Fuß mit Centaurium. Später soll er auch alle Wunden des Herkules damit geheilt haben. Das kleine Centaurium wird von den Römern
fel terrae= Erdgalle wegen seines außerordentlich bitteren Geschmackes genannt.
Erythraea wird vom griechischen
erythraios = rötlich nach der Farbe der Blütenkrone abgeleitet. Der deutsche Name Tausendgüldenkraut soll durch ein Mißverständnis entstanden sein. Im Mittelalter versuchte man nämlich, an Stelle der oben angeführten im Altertum gültigen Erklärung, Centaurium in Zusammenhang mit dem lateinischen
centum = hundert und
aurum= Gold zu bringen.
Wie vielen anderen rotblühenden Pflanzen wurden auch dem Tausendgüldenkraut übernatürliche Kräfte zugeschrieben und es ranken sich viele Geschichten und Legenden um das Kraut. So sollte es in die Brieftasche gelegt das Geld machen, im Wäscheschrank dafür sorgen, daß die Wäsche nicht ausging und vor Blitzschlag schützen. Außerdem sollte ein Kranz von Tausendgüldenkraut auf dem Kopf getragen einen Menschen dazu befähigen, Hexen zu entlarven. Eine Sage dazu berichtet von einem Schneider namens Dankemeier. Dieser setzte sich einen Kranz aus Tausendgüldenkraut auf den Kopf und begab sich am 1. Mai um die Mittagsstunde hinter den Fischerschen Gasthof in Hüttenrose. Dort sah er tatsächlich drei Hexen durch die Luft heransausen, die erste ritt auf einem Ziegenbock, die zweite auf einem Esel, und die dritte auf einer Gans. Nach einer ostpreußischen Sage gehört das Tausendgüldenkraut zu den Pflanzen, deren Heilkraft ein Vogel gegen die Pest rühmte. Die Ungarn glauben, daß es gegen die Tollwut schütze.
Die ärztliche Anwendung des Tausendgüldenkrautes läßt sich bis zu den Hippokratikern (5. und 4. Jahrhundert v. Chr.) zurückverfolgen. Der gallische Volksmediziner Marcellus Empiricus (4. Jahrh. v. Chr.) erwähnt an vielen Stellen das "Centaureium", bringt aber meistens dieselbe Anwendungsweise wie die alten griechischen und römischen Ärzte
Dioskurides empfiehlt es als Purgans, Emmenagogum, Augen- und Wundmittel. Ferner schreibt er von der Extraktbereitung: "Was nun die Saftgewinnung aus den trockenen Wurzeln und Kräutern betrifft, so wird dieselbe durch Kochen bewirkt wie beim Enzian; was den Saft der ausgepreßten frischen Rinde, Wurzel und Kräuter angeht, so wird er in der Sonne eingeengt." In wie hohem Ansehen die Pflanze als Wundmittel in der Antike stand, ist nach Plinius aus einem verbreiteten Glauben zu ersehen, nach dem sie geschnittenes Fleisch beim Kochen wieder verbinden könnte. Auch später im Mittelalter, z. B. bei Albertus Magnus, findet sich dieselbe Bemerkung: "et mirum narratur de ea, quod etiam, si coquatur cum carne incisa, quod conjungit eam." Die alten Gallier schätzten sie als Antidot. . Aus dem "Hundertguldenkraut" wurde dann das volkstümlichere Tausendguldenkraut, das als "tusendguldin" zuerst im 15. Jahrhundert vorkommt und das wohl auf die große Heilkraft der Pflanze hinweisen soll.
Siehe auch: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938 Dr. Med. Gerhard Madaus
Das seit dem Altertum ganz besonders wertgeschätzte Tausendgüldenkraut steht inzwischen streng unter Naturschutz.
Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.