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Montag, 29. September 2008, 21:22

Gemeiner Lein

Linum usitatissimum L.

Abb.: Köhler's Medizinal-Pflanzen 1887

Herkunft:
Linum- gotisch=lein, althochdeutsch=lin, soll vom Keltischen Lin für Faden abgeleitet sein.
Flachs- althochdeutsch=flahs ist von flechten abzuleiten; althochdeutsch=flehtan, gotisch=flahtom.

Mittelmeergebiet

Volksname:
Dreschlein, Faserlein, Flachs, Flachsdottersamen, Flachslinsen, Flachssamen, Flaoskörnl, Flachsbeere, Flas, Flax, gebräuchlicher Lein, gemeiner Lein, Glix, Haarlinsen, Hornsamen, Klengel, Lein, Leinbleaml, Leinsamen, Leinwanzen, Saat-Lein, Stempenhaar, Öl-Lein,

Pflanzenfamilie:
Leingewächse (Linaceae)

Verwendete Pflanzenteile:
Blätter, Blüten, Samen und Öl

Sammelzeit:
August bis Oktober

Inhaltsstoffe:
Bis zu 45% Fett (Leinöl), Alpha-Linolensäure (mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäure), 0,01 – 1,5 % Blausäureglykoside, Schleimstoffe, Linamarin, Lignane, Leinöl, Eiweiß, Lecithin, Sterine, die Vitamine B1, B2, B6 und E sowie Nicotin-, Fol- und Panthothensäure

Heilwirkung:
Lein ist eine der ältesten und interessantesten Kulturpflanzen, die früher vielseitig genutzt wurde.

Die Leinsamen sind die Samen des Flachs (Gemeiner Lein), die abführend, einhüllend, erweichend, entzündungshemmend, krampflösend und schmerzstillend wirken. Durch die enthaltenen Schleimstoffe wird die Gleitfähigkeit des Darminhalts verbessert, durch die Volumenvergrößerung die Darmmotorik angeregt. Deshalb hilft er innerlich als Tee bei funktionellen Darmstörungen, Gallensteinen, Magenschleimhautentzündung, Magenübersäuerung, Dünndarmentzündung.

Äußerlich nutzt man die Samen aufgrund ihres langen Wärmehaltevermögens, für Breiumschläge oder in Leinsamensäckchen bei lokalen Entzündungen, Blasenkoliken, Bronchitis, Husten, Geschwüren, Rheumatischen Schmerzen, Leberschwellung, Prellungen, aber auch zum Erweichen von Furunkeln. Die wohltuende, in die Tiefe dringende, wirksame Wärme lindert nachhaltig die Schmerzen. Bei Hautauschlägen hat sich auch Leinsamenöl gut bewährt, außerdem unterstützt es die Nieren Natrium und Wasser auszuscheiden.

In der Volksheilkunde wird Leinsamen außerdem innerlich als Abkochung bei Blasenkatarrhen, Reizhusten, Schnupfen, sowie Schmerzen angewandt. In der Homöopathie findet die frische, blühende Pflanze bei Harnblasenreizung, Heufieber, Heuschnupfen, Hautauschlag, chronischer Durchfall und Zungenlähmung Anwendung.

Um eine optimale Wirkung, nämlich die Quellung im Darm zu erzielen, wird der ganze bzw. „aufgebrochene“ Samen unzerkaut (pro Esslöffel mit mindestens 150 ml Flüssigkeit) eingenommen, außerdem werden so nur geringe Mengen an Fett wegen der schnellen Quellung freigesetzt. Wird Leinsamen zerkaut, enthält er pro 100g / ca.500 kcal. Während der Anwendung ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Wasser oder Tee) zu achten, jedoch nicht mit Milch, weil sich diese nicht in die Schleimstoffe einlagert und es so zu keiner Quellung kommt.

Die Dosierungsempfehlung für Leinsamen mit der empfohlenen Flüssigkeitsmenge ist unbedingt zu beachten. Wenn der Leinsamen nicht mit einer ausreichenden Menge an Flüssigkeit eingenommen wird, kann es zu einer vorzeitigen Quellung kommen und im schlimmsten Fall zu einer Verstopfung des Rachenraums oder der Speiseröhre mit Erstickungsgefahr führen. Leinsamen sollte nicht bei organischen Erkrankungen, Darmtumoren, Verdacht auf Darmverschluss oder Darmlähmung, Erkrankungen oder Verengungen der Speiseröhre und des Mageneingangs eingenommen werden. Für Kinder unter 6 Jahren eignet sich die Anwendung des Leinsamens nicht, da keine Dosierungsanleitung für diese Altersklasse vorliegt. Aufgrund der verminderten Resorption sollten Medikamente erst 60 Minuten später eingenommen werden.

In der Küche:
In Nahrungsmittel wird Leinsamen zur Herstellung von Brötchen, Brot und anderen Backwaren, sowie Müsli verwendet. Das Leinöl ist reich an ungesättigten Fettsäuren und eignet sich somit hervorragend als Ergänzung für eine ausgewogene Ernährung, aber auch als diätetisches Nahrungsergänzungsmittel. Leider ist das Öl nicht lange haltbar und sollte nach dem Öffnen bald verbraucht werden.

Weitere Verwendung:
Die Fasern des Faserlein dienen u.a. auch als Rohstoffe für Textilindustrie, Bau- und Dämmstoffherstellung, Papierindustrie und Verpackungsmittelindustrie.

Geschichte:
Aus Funden der Schweizer Pfahlbauten ist bekannt, daß die Menschen der Steinzeit ihn schon zur Faser- und Ölgewinnung nutzten. Lein war insgesamt eine nützliche Pflanze, wie der Zusatz „usiasissimum“ verrät. Sie war wichtiger Lieferant für Seile und Fasern, Leinen zählte zu den edlen Stoffen. Das Leinöl wird, wenn es mit Sauerstoff reagiert, zu einem festen transparenten Film und wurde zur Herstellung von Ölfarben, Buchdruckereifarben, zu wasserdichten außerordentlich brauchbaren Kitten (Umbra, Kreide, Bleiweiss, Silberglätte, Leimöl) und Firnissen verwendet. Der aus den Stängeln der Pflanze gewonnene Flachs war der Grundstoff für die Leinwandherstellung. Die ausgedroschenen Kapseln fanden noch als Futtermittel Verwendung.

Die alten Ägypter waren wegen der Genauigkeit in ihrer Webkunst des Leinzeugs berühmt. Die Überbleibsel, welche sich an den ägyptischen Mumien erhalten haben beweisen diese Lob. Von Ägypten ging die Webkunst nach Griechenland über, wo die Athenienser sich zuerst darin ausgezeichnet haben sollen. Außerdem waren sie mit dem Rösten, Brechen und Hecheln des Flachses bekannt um so haltbare flächserne Erzeugnisse herzustellen.

Über die Anfänge der Leinkultur bei den Germanen erfahren wir durch den älteren Plinius. Der Lein war die heilige Pflanze der Frigga, die unter dem Namen Frau Holle häufig als Spinnerin dargestellt wurde.

Als Arzneimittel wird der Leinsamen bereits in den hippokratischen Schriften innerlich und äußerlich gegen Katarrhe, Unterleibsschmerzen, weißen Fluß sowie als Kataplasma empfohlen. Theophrast erwähnte als erster den Schleim als Hustenmittel. Als Nahrungsmittel nennt ihn der lydische Dichter Alkmann (650 v. Chr.) zum ersten Male.

Dioskurides gibt eine genaue Anweisung über die Anwendung des Leinsamens, den er in erster Linie als erweichendes Mittel und gegen Husten empfiehlt. Ferner wird bei ihm ein stimulierendes Backwerk aus Leinsamen, Honig und Pfeffer erwähnt.

Hildegard von Bingen empfiehlt die Samen als Kataplasma (Breiumschläge) und im Gothaer Arzneibuch werden sie ebenfalls erwähnt.

In der heutigen Volksmedizin ist die Anwendung dieselbe geblieben. Als Liebesorakel dient der Leinsamen auch heute in Österreich und im Vogtland und spielt auch bei den Hochzeitsbräuchen der Südslawen eine Rolle. Siehe auch: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938 Dr. Med. Gerhard Madaus

Im 12. und 13. Jahrhundert war Deutschland der weltweit führende Flachsproduzent. Hauptanbaugebiete waren um den Bodensee, in Schlesien, Schwäbische Alb, das Wuppertal, die Gebiete um Ravensburg und Osnabrück, Sachsen, Thüringen, Böhmen und Ostpreußen. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert war Leinen neben Hanf und Wolle die einzige Textilfaser. Dann gingen die Anbauflächen durch das Aufkommen der billigeren Baumwolle zurück und verschwanden nach und nach bis 1957 in Westdeutschland und 1979 in Ostdeutschland bis auf kleine Restanbauflächen. Heute wird er wieder in Mitteldeutschland angebaut.

Eine große Anzahl von Bauernregeln, Sprichwörtern und Sagen bezieht sich auf den Anbau bzw. die Verwertung des Leines, so z. B.: "Lein, gesät auf Petronell (31. Mai), Wachset lang, zerfallet schnell."


Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.


"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt."
- J. G. Herder -

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