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Montag, 22. September 2008, 09:51

Gänsefingerkraut

Potentílla anserína L..

Abb.: Flora von Deutschland Österreich und der Schweiz (1885)

Herkunft:
lateinisch potentia=Macht; anserina vom lateinischen anser=Gans

Mittel- und Nordeuropa

Volksname:
Anserine, Fingerkraut, Gänsewiß (Gotha), Gänserich, Gänsegrau (Erfurter Gegend), Ganskraut, Gansbratzen (Niederösterreich), Gausetrappe (Braunschweig), Dreckkraut (Niederösterreich), Gooseblöme, Kampfkraut, Krampfkraut, Maukenkraut (Mauke = Pferdekrankheit), Wiederrick (soll zum Wiederkäuen anregen), Silberkraut, Säukraut, Schwinstränzel, -krüdig, Säukrud (Gotha), Sauringel (Henneberg), Sauwühlen (Niederösterreich). Sülverkrut (Westfalen), Selwerblatt (Lothringen), Silberchrut (Schweiz)

Pflanzenfamilie:
Rosengewächse (Rosaceae)

Verwendete Pflanzenteile:
Blätter, Kraut, Wurzeln

Sammelzeit:
Mai – August

Inhaltsstoffe:
Anthozyane, Bitterstoff, Cumarine, Flavonoide, Fettsäuren, Gerbstoffe, Gerbsäure, Kalzium, Phytosterole und krampflösende Stoffe

Heilwirkung:
Es wirkt adstringierend, antibakteriell, beruhigend, blutstillend, entspannend, entzündungshemmend, harntreibend, krampflösend, kühlend, leicht stopfend und schmerzstillend.

In der Volksheilkunde ist es als Krampfkraut bekannt und wird als krampflösendes Mittel besonders bei Magen und Darmkrämpfen, Blähungskoliken (auch bei Säuglingen), Menstruationsbeschwerden, krampfartigem Husten, Asthma, Migräne, sowie Muskel- und Wadenkrämpfen eingesetzt. Wegen seiner zusammenziehenden Wirkung, die Blutwurz ähnlich ist, wird es oft bei Durchfällen mit starken Krämpfen verwendet.

Zur innerlichen Anwendung soll eine Tagesdosis von vier bis sechs Gramm des getrockneten Krautes keinesfalls überschritten werden! Bei Durchfallerkrankungen die länger als 3 Tage anhalten ist unbedingt ein Arzt aufzusuchen. Beschwerden bei Reizmagen können verstärkt werden

Äußerlich dient das Kraut als Gurgelmittel bei entzündlichen Erkrankungen der Mund- und Rachenschleimhaut, z.B. Zahnfleischentzündung und Angina; als Kompresse, Badezusatz, Tinktur oder Einreibung bei Wunden, Geschwüren und Hautausschlägen.

In der Tierheilkunde wird es ebenfalls gegen Koliken und bei Verdauungsstörungen gegeben.

In der Apotheke ist Gänsefingerkraut als Herba Anserinae erhältlich.

In der Küche:
Die Blätter gebraucht man für Salate oder Suppen. Die Wurzeln waren früher als Gemüse gebräuchlich, außerdem wurden sie getrocknet und gemahlen von den Schotten und Irländern als Mehlersatz verwendet. Außerdem wird es zum Aufsetzen verdauungsfördernder Liköre und Schnäpse verwendet.

Geschichte:
In alten Erzählungen und Sagen wird von Elfen und Pflanzengeistern berichtet, die sich bei Mondschein auf den Blättern des Gänsefingerkrautes zum Plaudern und Tanzen treffen.

In der Volksheilkunde ist das Aufkochen des Krautes in Milch seit langem überliefert. Es wird davon ausgegangen, daß die Verwendung des Krautes in Verbindung mit Milch, welche die fettlöslichen Substanzen besser lösen können, auf eine alte Tradition unserer germanische Vorfahren zurückzuführen und das Gänsefingerkraut eine alte germanische Heilpflanze ist.

Einem Volksglauben nach soll es möglich sein, die Liebe der Menschen zu gewinnen, indem die Wurzel des Gänsefingerkrautes an der Sonnwende vor Sonnenaufgang auszugraben und als Amulett getragen wird. Es ist auf nährstoffreichen und besonders verdichteten Böden zu finden.

Dioskurides wandte die verwandte Potentilla reptans u. a. gegen Diarrhöe, Dysenterie und Epilepsie an. In den meisten Kräuterbüchern des Mittelalters ist der Gänserich dagegen ausführlich behandelt, und zwar ist er unter den gleichen Indikationen auch in der heutigen Volksmedizin bekannt. In früheren Zeiten haben in den nordischen Ländern die dicken Wurzelstöcke gelegentlich als Nahrungsmittel gedient, auch die jungen Sprosse wurden als Wildgemüse gegessen und als Tee-Ersatz benutzt.

Wegen seiner stopfenden, zusammenziehenden und schmerzstillenden Eigenschaften wird der "Genserich" von Bock und Matthiolus gegen Ruhr, Bauchflüsse, Fluor albus, Blutungen, äußerlich gegen Entzündung und Flecken der Augen, Zahnschmerzen, Glieder- und Hüftweh, Nasenbluten und als hautreinigendes Mittel gebraucht.

Osiander führt die Mundspülung mit Gänsekraut-Abkochung als Volksmittel bei Zahnschmerz an. Kneipp ist ein warmer Fürsprecher für die Anwendung bei Krämpfen. Das Kraut verdiene den Namen Krampfkraut vollkommen. Besonders gut wirke es in Milch gesotten. Er hat es bei leichteren Krämpfen aller Art, wie auch bei schweren Krämpfen wirksam gefunden. So schildert er einen Fall von Starrkrampf, bei dem er den heißen Milchaufguß so heiß, wie er vertragen wurde, in eine Zahnlücke einflößte. Er gab alle halben Stunden soviel Tee, wie er einflößen konnte, und der Krampf löste sich allmählich über Nacht. Auch Cholerakranke sollen nach ihm soviel Tee trinken, als sie vertragen können. Schulz nennt Intermittens, Arthritis und Hämoptoe und berichtet, daß im Weltkriege bei ruhrkranken Soldaten einer Balkan-Truppe Potentilla-Dekokte nach Ablauf des akuten Stadiums alle Nachwehen der Krankheit in besonders kurzer Zeit beseitigt haben sollen.

Siehe auch: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938 Dr. Med. Gerhard Madaus


Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.

"Teufelszwirn, Sonnenblume, Mariengras,
Goldrute, Zaunrübe und ich weiß nicht was,
Platterbsen, Judasschilling,
Gänsefingerkraut
haben grüßend meinen Zaun geschaut.
Einst lobte jeder sie,
wer hätt´sie nicht gekannt.
Doch heute werden als Unkraut sie
vom Gartenbeet verbannt."

- John Clare (1793-1864) -

"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt."
- J. G. Herder -

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