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Montag, 15. September 2008, 15:19

Kamille

Matricaria chamomilla L.

Abb.: Köhler's Medizinal-Pflanzen 1887

Herkunft:
Matricaria vom lateinischen mater=Mutterund, matrix=Gebärmutter

Süd- und Osteuropa

Volksname:
Apfelkraut, Apfelblümli, Drudenkraut, Ganille, Garnille, Gramillen, Haugenblume, Helmergen, Helmriegen, Hermel, Hermelin, Herminzel, Kamelle, Kammerblum, Kuhmelle, Kummerblume, Laugenblume, Mägdeblume, Mariamagdalenakraut, Muskatblume, Mutterkraut, Remi, Romerei

Pflanzenfamilie:
Korbblütler (Asteraceae)
(Verwechslungsgefahr besteht mit falscher Kamille, Hundskamille)

Verwendete Pflanzenteile:
Junge Blüten und Blütenknospen (Flores Chamomillae vulgaris)

Sammelzeit:
Mai – Juli, am besten bei Sonnenschein 3-5 Tage nach dem Aufblühen

Inhaltsstoffe:
Ätherisches Öl, Azulen, Chamazulen, Apiin, Bitterstoffe, Flavone, Gerbstoff, Gerbsäure, Harz, Cumarin, Borneol, Werg, Farnesol, Herniarin, Hyperosid, Oleanolsäure, Salicylate, Salizylsäure, Schwefel, Thujon, Umbelliferon

Heilwirkung:
Durch Wasserdampfdestillation der Blüten wird das dunkelblaue Oleum Chamomillae gewonnen, was auch Azulen enthält. Der Gehalt ist je nach Standort recht unterschiedlich. Bei entzündlichen Krankheiten ist die Kamille die meistgebrauchte Heilpflanze, die wohl jeder von uns von klein auf in Form von Tees, Umschlägen und Dampfbädern kennt. Sie wirkt antibakteriell, austrocknend, beruhigend, blähungstreibend, blutreinigend, harntreibend, krampflösend, schmerzlindernd, schweißtreibend und tonisierend. Des Weiteren ist ein wachstumshemmender Effekt auf Bakterien und Pilze bekannt.

Äußerlich wird sie vor allem bei Entzündungen oder Verletzungen der Haut (Hautunreinheiten, Dermatitis, Ekzeme), Bindehautentzündungen, Nagelbetteiterungen, Unterschenkelgeschwüren, Ohrenschmerzen, und Entzündungen der Mundschleimhaut und des Rachens verwendet.

Wie der Name Mutterkraut schon sagt, wurde die Kamille seit frühesten Zeiten bei Beschwerden während der Schwangerschaft, der Geburt, im Wochebett und anschließend bei Zahnungsbeschwerden, Dreimonatskoliken und wunder Haut der Säuglinge und Kleinkinder verwendet. Auch meinen Kindern hat Chamomilla so manche beschwerdefreie, ruhige Stunde, gerade in der Nacht beschert. Bei der Anwendung sollte die stark austrocknende Wirkung beachtet werden, besonders bei trockener, empfindlicher Haut.

Innerlich ist die Kamille besonders hilfreich bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, Blähungen, Leber und Galleerkrankungen, Erkältungskrankheiten, Kopfschmerzen, Mittelohrentzündung, Muskelschmerzen, Zerrungen, Menstruationsbeschwerden. Bei allen Augenentzündungen sollte Kamille nicht verwendet werden, es kann zu Reizungen der Bindehaut kommen und somit zur Verschlechterung der Beschwerden führen.

In Erkältungs- und Grippezeiten unterstützt sie dank ihrer stark entzündungshemmenden, antiviralen und antibakteriellen Eigenschaften die baldige Genesung und ist auch gut für Inhalationen geeignet, da sie keine Reizungen an den Schleimhäuten verursacht.

Kosmetik:
Kamillenblüten eignen sich hervorragend als Schönheitsmittel, sie reinigen, beruhigen und heilen Entzündungen der Haut. Sie kann als Dampfbad, Kompresse, Umschlag und in Creme verwenden werden, sowie als Spülung zum Aufhellen für blondes Haar.

Geschichte:
Die nordischen Völker verehrten die Kamille wegen ihrer vielfältigen Anwendungsgebiete aber auch wegen ihrer gelben Blütenscheibe, sie war dem Sonnengott Baldur ("Blume des Sonnengottes") geweiht, galt als heilig und ist eine der 9 heiligen Pflanzen der Kelten.
Als Heilmittel geht der Gebrauch der Kamille bis zur Zeit von Hippokrates zurück und auch bei den Ärzten der Antike, sowie im Mittelalter und der Gegenwart genießt sie hohe Wertschätzung. Dioskurides schreibt ihr bereits im ersten Jahrhundert, eine erwärmende und verdünnende Kraft zu, die als Getränk und im Sitzbad die Menstruation fördert, den Embryo aus treibt, sowie Stein und Urin. Sie hilft gegen Blähungen und Darmverschlingung, vertreibt Gelbsucht und Leberleiden. Paracelsus hat sie gegen Grimmen, Gelbsucht, Fieber, Kopfschmerz, bei Krebs und Geschwüren (zum Reinigen der Wunde und auch innerlich) empfohlen.

Als Resolvenz und schmerzstillendes Mittel verordnet sie Bock, der von ihr rühmt: "Es ist bei allen Menschen kein breuchlicher Kraut in der artzney als eben Chamillenblumen / denn sie werden beinahe zu allen bresten gebraucht." Von den zahlreichen Indikationen, die Matthiolus für die Kamille angibt, seien hier aufgeführt: Menstruationsstockungen, Harnstein, Blähungen, Magenerkältung, Schmerzen in Magen, Därmen, Niere, Blase und Uterus, innere Geschwülste, Leber- und Milzverstopfung, Gelbsucht, Asthma, Lungenabszeß, Epilepsie, Darmkolik, Kröpfe. Äußerlich läßt er sie vorwiegend bei Geschwüren und Geschwülsten, alten Wunden, Hämorrhoiden und entzündeten Augen anwenden. Das Kamillenöl "dienet sonderlich wol wider den Krampff" als erweichendes und linderndes Mittel.

Siehe auch: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938 Dr. Med. Gerhard Madaus

Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.


Die Kraft, das Weh im Leib zu stillen,
verlieh der Schöpfer den Kamillen.
Sie blühn und warten unverzagt,
auf jemand, den das Bauchweh plagt.

Der Mensch jedoch in seiner Pein,
glaubt nicht an das, was allgemein
zu haben ist. Er schreit nach Pillen.
Verschont mich, sagt er, mit Kamillen,
um Gotteswillen.

- Karl Heinrich Waggerl -


"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt."
- J. G. Herder -

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