Angelica archangelica L.
Abb.: Flora von Deutschland Österreich und der Schweiz (1885)
Herkunft:
Lateinisch Angelus; griechisch ángelos = Engel
Nord- und Osteuropa, Sibirien, Himalaya und Nordamerika. In Deutschland wächst sie heute wild, besonders im Küstengebiet der Nord- und Ostsee und landeinwärts.
Volksname:
Engelwurz, Erzengelwurz, Engelbrustwurz, Edle oder Zahme Angelika, Heiligenbitter, Gartenangelik, Giftwürze, Heiliger Geist, Heiliggeistwurz, Ledpfeifenkraut, Theriakwurz, Zahnwurzel, Theriakwurzel, Gölk, Angölkenwörtel (Altmark), Ohnejilke, Jilke (Schlesien), Anejilchen, Onegilken (Gotha), Hanjelik'n (Eichsfeld).
Pflanzenfamilie:
Doldenblütler (Apiaceae) Zwei- bis vierjährig (Verwechslungsgefahr mit dem tödlich giftigen Wasserschierling)
Verwendete Pflanzenteile:
Wurzel und Samen
Sammelzeit:
zeitiges Frühjahr oder Spätherbst
Inhaltsstoffe:
ätherisches Öl, Xanthotoxin, Imperatorin, Umbelliferon, Furanocumarine wie Bergapten und Archangelicin, Cumarine und Flavonoide, organische Säuren(Angelika-, Apfel-, Baldrian-, Essigsäure u.a.), Harz, Gerb-, Bitterstoff
Heilwirkung:
Engelwurz gilt auch heute wie schon früher als Universalheilmittel das antiseptisch, abwehrsteigernd, appetitanregenden, krampflösend und kraftspendend wirkt und gegen Schimmelpilze hilft. Sie regt die Bauchspeicheldrüse an, die Übersäuerung des Magens wird gehemmt.
Die Wurzel wird innerlich bei Appetitlosigkeit, Blähungen, Hämorriden, Verschleimung der Bronchien und nervösen Herzbeschwerden verwendet. Äußerlich eignet es sich hervorragend zu Auflagen und Wickel bei Gicht, Rheuma und Nervenschmerzen. Ebenso kann es als Aufguss, Pulver oder Tinktur angewandt werden. Wegen des Zuckergehaltes ist sie für Diabetiker jedoch weniger geeignet. Eine Überdosierungen sollte auf jeden Fall vermeiden werden.
Paracelsus bezeichnete den Saft als "höchste Arznei gegen innere Infektionen", als Herzmittel und als sehr wirksam bei Blähungen. Aufgrund ihrer schweißtreibenden und schleimlösenden Wirkung, wird sie auch gegen Fieber, Lungen- und Rippenfellentzündung, sowie zu Vorbeugung einer Grippe verordnet. Nach Kneipp wird sie als zusammenziehendes und wundschließendes Mittel bei kleineren Geschwüren und Wunden empfohlen. Auch habe er recht gute Erfolge bei Ruhr und Cholerine (abgeschwächte Form der Cholera) erzielt. Sie reinigt Magen und Darm und auch die Lunge und regt die Lebertätigkeit an. Um sich vor Ansteckung während der Pestepidemien zu schützen, kauten die Ärzte auf der Wurzel der Engelwurz. Nach Lonicerus (Adam Lonitzer) ist der Angelica "fürnembste tugend", Gift auszutreiben, zu zerteilen und zu erwärmen. Nach Rudolf Kobert soll das in Angelica enthaltene phellandrenhaltige ätherische Öl zunächst erregend, dann narkotisch wirken.
Die Wurzel wird vielen Magen- und Bitterlikören, z.B. Benediktiner, Boonekamp und Chartreuselikör zugesetzt.
In hoher Dosierung ist Engelwurz giftig. Wegen der Anregung der Säureproduktion ist es nicht bei Magen- oder Darmgeschwüren anzuwenden. Durch das enthaltene Bergapten kommt es zu einer Erhöhung der Lichtempfindlichkeit (Photosensibilisierung), deshalb ist während der Behandlung auf intensive UV-Bestrahlung zu verzichten.
Geschichte:
Einer Legende nach verdankt die Engelwurz ihren Namen einem Engel, der sie in Zeiten großer Not als Heilmittel zur Erde gesandt haben soll und ihr die Macht über die Pest und böse Geister verlieh.
Bei den nordischen Völkern war sie sehr geschätzt als Heil- und Gemüsepflanze und wurde schon früh als Kulturpflanze angebaut. Dagegen war sie den alten Griechen und Römern als hauptsächlich nordische Pflanze nicht bekannt. Im 10. Jahrhundert wurde sie als Handelsware von den Wikingern nach Mitteleuropa gebracht und dort bald in Klostergärten angepflanzt und später von Paracelsus als Allheilmittel geschätzt. In Norwegen, Island und Lappland wird die Wurzel auch heute noch gerne als Gemüse gegessen.
Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.