Noch zwei aus dem Gau Brandenburg
Die Brandfichte
Wenn man von Freienwalde aus die Berliner Chaussee emporwandert, trifft man nach etwa einer halben Stunde in der Nähe der Försterei Bodenseichen am linken Straßenrand auf eine hohe Kiefer, an der sich ein unscheinbarer Stein befindet (früher Tafel). Brandfichte steht auf Ihm, und das bedeutet, dass an dieser Stelle im Jahre 1628 eine Hexe aus der Stadt Freienwalde verbrannt worden ist. Sie hieß Anna Liebenwaldt und wurde beschuldigt, sie habe ihren verstorbenen Mann vergiftet. weit außerhalb der Stadt, wo heute die Brandfichte steht, wurde das Urteil vollstreckt. Als Anna Liebenwaldt auf dem brennenden Holzstoß stand, rief sie mit fester Stimme der umstehenden Menge zu:
"So wahr ich unschuldig sterbe, wird aus der Asche dieses Scheiterhaufens eine Fichte hervorkeimen und zu einem mächtigen Baum werden!"
Die Weissagung ging in Erfüllung. Im nächsten Frühjahr keimte an der Stelle, wo die Asche gelegen, ein grünes Spitzchen hervor. Mit Macht wuchs das Bäumchen, überholte bald alle Nachbarn und wurde ein starker hochgipfliger Baum, der im Volksmund den Namen "Die Brandfichte" erhielt.
Es entstand der Brauch, daß jeder Vorübergehende, der die Geschichte und die Stelle kannte, ein dürres Zweiglein hinwarf zum Andenken an die unschuldig Verbrannte.
Wohl ging die Fichte im Laufe der Zeit ein; aber wie die Sage, so blieb auch ihr Name erhalten und wurde stets auf die nächststehende hohe Kiefer übertragen. Heute steht hier eine Douglasie.
Aus den Jahren 1551 bis 1644 erzählt die Chronik allein von zehn Hexenprozessen in der Stadt Freienwalde mit all ihrem Greul. Nicht einmal der Dreißigjährige Krieg, der auch über Freienwalde mit seiner ganzen Not hereinbrach, konnte den Hexenwahn brechen. Als bereits die Pest in den Häusern der Stadt wütete und die Einwohner nicht mehr wußten, wohin mit den Leichen, da die Bürger, wenn sie konnten, sich auf die einsamen Oderrähnen flüchteten beim Anmarsch plündernder Soldateska, auch da, noch 1634 bis 1644, wurden "Hexen" peinlich befragt und hingerichtet.
Seid 1998 erinnert auch ein Straßenname in Bad Freienwalde an diese Begebenheit. Der Brandfichtenweg in der Waldstadt.
Quelle: Emailzusendung von Bernd Müller am 21. November 2006.
DER SCHMIED ZU JÜTERBOG
Zu Jüterbog lebte einmal ein Schmied, der war ein sehr frommer Mann und trug einen schwarzen und weißen Rock; zu ihm kam eines Abends noch ganz spät ein Mann, der gar heilig aussah, und bat ihn um eine Herberge; nun war der Schmied immer freundlich und liebreich zu jedermann, nahm daher den Fremden auch gern und willig auf und bewirtete ihn nach Kräften. Andern Morgens, als der Gast von dannen ziehen wollte, dankte er seinem Wirt herzlich und sagte ihm, er solle drei Bitten tun, die wolle er ihm gewähren. Da bat der Schmied erstlich, daß sein Stuhl hinter dem Ofen, auf dem er abends nach der Arbeit auszuruhen pflegte, die Kraft bekäme, jeden ungebetenen Gast so lange auf sich festzuhalten, bis ihn der Schmied selbst loslasse; zweitens, daß sein Apfelbaum im Garten die Hinaufsteigenden gleicherweise nicht herablasse; drittens, daß aus seinem Kohlensack keiner herauskäme, den er nicht selbst befreite. Diese drei Bitten gewährte auch der fremde Mann und ging darauf von dannen. Nicht lange währte das nun, so kam der Tod, wollte den Schmied holen. Der aber bat ihn, er möge doch, da er sicher von der Reise zu ihm ermüdet sei, sich noch ein wenig auf seinem Stuhl erholen. Da setzte sich denn der Tod auch nieder, und als er nachher wieder aufstehen wollte, saß er fest. Nun bat er den Schmied, er möge ihn doch wieder befreien, allein der wollte es zuerst nicht gewähren; nachher verstand er sich dazu unter der Bedingung, daß er ihm noch zehn Jahre schenke. Das war der Tod gern zufrieden, der Schmied löste ihn, und nun ging er davon. Wie nun die zehn Jahre um waren, kam der Tod wieder, da sagte ihm der Schmied, er solle doch erst auf den Apfelbaum im Garten steigen, einige Äpfel herunterzuholen, sie würden ihnen wohl auf der weiten Reise schmecken. Das tat der Tod, und nun saß er wieder fest. Jetzt rief der Schmied seine Gesellen herbei, die mußten mit schweren eisernen Stangen gewaltig auf den Tod losschlagen, daß er ach und wehe schrie und den Schmied flehentlich bat, er möge ihn doch nur freilassen, er wolle ja gern nie wieder zu ihm kommen. Wie nun der Schmied hörte, daß der Tod ihn ewig leben lassen wolle, hieß er die Gesellen einhalten und entließ jenen vom Baum. Der zog glieder- und lendenlahm davon und konnte nur mit Mühe vorwärts. Da begegnete ihm unterwegs der Teufel, dem er sogleich sein Herzeleid klagte. Aber der lachte ihn nur aus, daß er so dumm gewesen, sich von dem Schmied täuschen zu lassen und meinte, er wolle schon bald mit ihm fertig werden. Darauf ging er in die Stadt und bat den Schmied um ein Nachtlager; nun war's aber schon spät in der Nacht und der Schmied verweigerte es ihm, sagte wenigstens, er könne die Haustür nicht mehr öffnen, wenn er jedoch zum Schlüsselloch hineinfahren wolle, so möge er nur kommen. Das war nun dem Teufel ein leichtes und sogleich huschte er durch, der Schmied war aber klüger als er, hielt innen seinen Kohlensack vor, und wie nun der Teufel darin saß, band er ihn schnell wieder zu, warf den Sack auf den Amboß und ließ seine Gesellen wacker drauflosschmieden. Da flehte der Teufel zwar gar jämmerlich und erbärmlich, sie möchten doch aufhören, aber sie ließen nicht eher nach, bis ihnen die Arme von dem Hämmern müde waren und der Schmied ihnen befahl aufzuhören. So war des Teufels Keckheit und Vorwitz gestraft, und der Schmied ließ ihn nun frei, doch mußte er zu demselben Loch wieder hinaus, wo er hineingeschlüpft war und wird wohl kein Verlangen mehr nach einem zweiten Besuch beim Schmied getragen haben.
Quelle: Kuhn, A./Schwartz, W., Nordeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Mecklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Leipzig 1848, Nr.88