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Lynagh

Meister

  • »Lynagh« ist der Autor dieses Themas

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Sonntag, 27. Januar 2008, 02:31

Olaus Magnus' Bericht

Unsere Reise in den Norden war lang und mühsam. Die Berge wurden größer, höher, die Fjorde schlängelten sich tief ins Land. Fjorde mit steilen Felsenwänden, die aus tiefem Wasser hoch emporstiegen. Nach einer langen Reise von Wochen als unsere Vorräte ganz aufgezehrt sind, kamen wir ungefähr dort an, wo nach Angaben einiger Reisenden und heidnischer Abtrünniger die Welt endete. Wir kamen auf einen Weg, der sich unendlich auf den Felsenrücken in die Weite streckte. Meine Begleiter wollten schon lange den Rückweg antreten als wir zu einem Hang kamen, der wie eine kleine Wand das Meer, das wir an der linken Hand hatten schon lange Zeit verbarg und auf der sich der Weg in Serpentinen hinaufwand und wie ein Wunder erschien es uns, dass hier in der ziemlich kahlen felsigen Welt mit stellenweise kurzem Gras ein Wäldchen da oben grün winkte. Als wir endlich den Weg hinaufkletterten kamen wir im tiefen Dunkel, Sprühregen und starkem Wind auf eine Lichtung, wo ein Haus stand. Die Tür war offen und drinnen saß eine blonde Frau mit zwei Windhunden. Hier ein wörtlicher Bericht des verwirrenden und wunderlichen Verbleibs.

Die Halle war nicht sehr groß schien es, sechs bei sechs Meter aber gemütlich eingerichtet mit schönen Möbeln, die man eher in einer Stadt erwarten konnte. Die Frau saß bei einem Stickrahmen, auf einem Tischchen Stränge farbiger Wolle und gegenüber ihr auf einem langen Sofa saß ein wunderschöner blonder Windhund. Ein anderer lag auf dem gegenüber stehenden Sofa, wo auch die Frau saß und stickte. Sein Kopf ruhte im Schoss seines Frauchens.


„Seid willkommen“, sagte sie und blieb ruhig sitzen und arbeitete. Einer der Hunde knurrte eine leise Drohung, sollten die Fremden unfreundlich in seinem Haus werden.

„Wer seid ihr, Fremde?“ „Ich bin Olau Magnus aus dem Süden, ein Bischof, und das ist mein Gefolge. Wir suchen nach dem Rand der Welt.“ „Ihr seid auf dem Rand der Welt, dem Großen Rand“ sagte sie leise. „Ich bin Lynagh, Wächterin der Storegga und dies sind meine Hündinnen Vali und Caya.“ „Also ist es wirklich wahr...“ sagte Olau, „Ist hier der Ort der heidnischen Zauberei, der Ort, der die gläubigen Christen verwirrt und wo die Welt enden soll...“ „Der Abend ist lang, mein Herr“ sagte Lynagh, „kommt, setzt Euch am Feuer und auch Eure Begleiter sind willkommen. Enspannt euch und eßt etwas.“ Es wurde eine Mahlzeit bereitet in einem anderen Raum, während wir uns an einem unbekannten, aber gut schmeckenden heißen Getränk gütlich taten und wir alle saßen in der Wärme bei der offenen Feuerstelle. Es war genug Sitzgelegenheit da, auch wenn die Hunde sich von ihren Plätzen nicht rührten. Die zwei Hündinnen sahen eher aus wie verzauberte Prinzessinen und vielleicht waren sie es auch.

„Sagt mir, was ist denn Neues in der Welt?“ fragte Lynagh.
Olau erzählte über den neue Glauben der aus dem fernen Süden kam, über Jesus Christus und über sein Leiden und aller Erlösung. Jedoch die, allem Anschein nach heidnische Frau ohne Alter schien nicht beeindruckt. „Sagt mir, habt ihr denn keinen Glauben oder fröhnt ihr noch den heidnischen Göttern des Nordens?“ fragte Olau. Da lächelte Lynagh und sagte nichts. Da wir alle von der langen Reise und dem warmen Essen müde waren und der Wind da draussen wütete und zischte, schliefen wir auch bald, wenn auch einen unruhigen Schlaf. Am Morgen wütete es und zischte als ob ein Sturm wäre aber wenn man aus dem Fenster hinaussah war da von einem Sturm keine Rede.

„Wir sind in einem Hexenhaus“ sagte der Kapitän der Wache. „Da ist eine Zauberei im Spiel!“ Die Männer stürmten in die Halle.
„Sag Frau, bist du eine Hexe? Wir hören einen Sturm und wir spüren das Beben, aber draußen ist nichts zu sehen.“„Oh doch“, sagte Lynagh, „kommt und seht selbst. Dies ist der wahre Rand der Welt, wie ich euch schon sagte.“

Sie führte uns hinaus und da sah man etwas Merkwürdiges. Eine Seite hatte keinen Horizont so weit auch das Auge reichte und fiel anscheinend in einen tiefen Fjord oder Abgrund. Jedoch in einen sehr langen Fjord wie es schien. Lynagh führte uns zum Rand der Schlucht und was sich da darbot schlug uns allen den Atem aus den Lungen. Da draußen war das Meer und dann Nichts, ein großes Nichts und unten wütete ein riesiger Strudel wie ein Schlund eines hungrigen Ungeheures dessen Körper Wasser war. Olau bekreuzigte sich und viele Männer zitterten und betteten.

„Es ist der Schlund der Hölle“ kreischte einer unserer Männer.

„Nein, es ist keine Hölle hier, ihr sieht bloß den Schlund der Zeit“ sagte Lynagh. Die Zeit, die ewig ist, denn wenn die Zeit nicht mehr ist, existiert auch gar nichts auf dieser Welt.“
Viele unserer Männer zitterten und Olau, dem Bischof war es nicht ganz wohl als er solche Ketzerei hörte. Wir entfernten uns von dem Rand der Hölle, denn es war die Hölle dort unten und wir überlegten, ob wir für unsere Seelenruhe die Hexe Lynagh verbrennen sollen. Es gab ja viele Hexen und Zauberer. Jedoch am diesem Ort waren wir sicher nicht die Herren und Meister und wer weiß, was alles passieren könnte. Niemand wollte in dem Schlund des Maelströms enden. “Sagt mir, edle Frau“ begann der Bischof, „ wie kommt Ihr auf diesen Ort? Woher kommt Ihr, kommt Ihr eigentlich aus unserer Welt?“ Denn irgendwie stimmte etwas nicht. Die Frau hatte zwar auf den ersten Blick ein normales Kleid, lang und schwarz, aber ihre Haartracht, ihre Schuhe und auch wie das Kleid anscheinend unsichtbar genähnt wurde und aus feinem Stoff, das alles stimmte nicht. „Seid Ihr eine Zauberin?“, wollte einer unserer Männer wissen.

„Es ist eine lange Geschichte“, sagte Lynagh, „eine Geschichte, die nie erzählt sein dürfte und wenn ich sie Euch, dem Bischof erzähle, bleibt es sowieso ein Geheimnis für die Ewigkeit. Dem Unwissenden wird es Magie scheinen, die breite Masse wird es ängstigen, dem Wissenden dieser Zeit bringt es Unruhe.“

„Unsere kirchliche Protokolle sind alle geheim“, sagte der Bischof. "In Rom, der Heiligen Stadt, gibt es viele geheime Rollen. Darf ich wenigstens den Maelström auf eine nautische Karte verzeichnen, meine Carta Marina?“
„Ja“, antwortete Lynagh, „denn der Maelström ist eine Wirklichkeit und wird es immer bleiben, eine gefährliche und ganz besondere Wirklichkeit so wie meine Storegga Stuga. Das andere was ich Euch sage, wird Euch niemand glauben, denn wenn Ihr so etwas je jemandem erzählt, wird man Euch als verrückt oder besessen brandmarken. Es gibt nuneinmal Geheimnisse die so geheim sind, dass, auch wenn sie ausgesprochen sind, sie nicht geglaubt werden, also geheim bleiben, so wie eine Lüge, die, wenn sie oft ausgesprochen ist, dann geglaubt und zur Wahrheit wird oder eine Wahrheit, die nie geglaubt wird und somit nie eine Wahrheit werden kann, obwohl sie eine ist.... In Eurer Religion glaubt Ihr auch etwas, das man nicht beweisen kann jedoch geglaubt wird. Meine Götter und meine Jötun und Thursen sind überall um mich und der Weg, der in ihre wahre Götterwelt führt, liegt dort in der Ferne offen.“ Olau schwindelte es bei so viel Ketzerei aber er war ein Mann, der Wissen begehrte und dafür gerne seine Seelenruhe opferte.

„Was ist dieser Ort, wer seid Ihr?, fragte Olau.
Und in den kommenden Tagen erzählte ihm Lynagh bei dem Feuer auf der Lichtung des kleinen Waldes die alten germanischen Göttersagen. Da saßen sie alleine, nur die Hündinnen hielten ihnen Gesellschaft und hielten dadurch die anderen Gesellen ferne. „Dieser Ort“, endete Lynagh am dritten Tag, „dieser Ort ist die Kreuzung der Zeiten. Ich selbst komme aus einer Zeit, die noch kommen muß, wie auch das Getränk, dass Ihr so liebt, der Kaffee. Die Kreuzung der Zeiten ist unsere Seele und leider ist uns allen der Weg in das, was kommen wird geschlossen. Für Euch den Weg in meine Wirklichkeit, Herr Bischof, so wie der Weg in meine Zukunft für mich auch geschlossen ist. Nur die Nornen wissen was kommen muß, was wird und was endet und die schweigen, die werden immer schweigen. Nicht einmal die Götter wissen, was sie erwartet, auch Euer Jesus Christus wird einmal nicht mehr sein.... Nein, bitte sagt Ihr nichts“, sagte Lynagh als sie die unwillkürliche Reaktion des Mannes bemerkte. „Für Euch heute ist er, der Jesus heilig gestorben, aufgestanden von den Toten und ist auch der Erlöser, Euer Erlöser dann, anders wird meine Wirklichkeit nicht wahr. Ja er war nötig für das, was die Menschen dieses Kontinents einmal sein werden, obwohl, man kann nie wissen was in der Parallelität ist, oder in meiner Zeit werden könnte wenn er nie geboren wäre... Und vielleicht ist er auch nie geboren oder anders als man glaubt. Man glaubt, was man glauben will oder was andere wollen, was man glaubt. Für Euch ist der Weg in meine Welt nicht möglich, aber Ihr seid selbst der Weg dahin. Für mich, ach, für mich ist das was war und sein wird meine Gegenwart. Meine Gedanken fliegen an diesen Ort und wie ich sticke oder stricke hier am Feuer so könnte ich eigentlich auch mein Wissen weben, denn nur einen Faden zu ändern bedeutet auch die Welt zu ändern. Leider sind nur die Nornen imstande, das Ganze zu erfassen und gestalten, ich kann nur mein Dasein beinflussen als Wächterin der Storegga und flüchten in meine Stuga am Großen Rand.“

„Sind da mehr Zauberer, die sich dessen bedienen?“, fragte Olau. “Ich weiss es eigentlich nicht,“ sagte Lynagh. „Sie, die anderen, sind eingeladen und willkommen hier auf dem Großen Rand, aber ob sie kommen, ob sie den Weg finden, liegt nur an ihnen selbst. Aber ich hoffe, dass sie kommen, auch wenn sie dann vielleicht bald wieder gehen.“ Nach diesem Gespräch nahmen sie Abschied und die Gesellschaft machte sich auf den Weg. Weg von Maelström und viele waren erleichtert als der hohe Große Rand aus der Sicht verschwand. Die Pergamentschriftrolle mit dem, was Olau alles erfuhr, schickte er getreu dem Heiligen Vater zur Bewahrung, wie er auch dazu verpflichtet war; jedoch, wie auch Lynagh sagte, einige Geheimnise wird man nie kennen, weil man sie nicht glaubt. Die Reise zurück war lang und mühsam und das einzige, was daran erinnerte, war die Carta Marina, das Prunkstück des Bischofs Olau Magnus.



© 2008 Lynagh
***NEC ASPERA TERRENT***


Nil admirari prope res est una, solaque quae possit facere et servare beatum
= sich über Nichts zu wundern ist wohl das Einzige, was einen glücklich machen kann und bleiben läßt
(Horatius)

Dieser Beitrag wurde bereits 6 mal editiert, zuletzt von »Lynagh« (27. Januar 2008, 05:44)