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Lynagh

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Donnerstag, 13. März 2008, 02:51

Auf dem Storfjellet (Grossen Felsen)

Helga war ein kleines Mädchen, das in Sørvågen (der Südlichen Bucht), einem kleinen Fischerdorf auf einer Insel wohnte noch lange bevor es zu dem grossen Bruch kam, wodurch das Land im Meer verschwand. Aber der Bruch war noch in neblicher Zukunft also lebte sie glücklich und unbesorgt. Ihr Vater und Bruder segelten jeden Morgen zum Fischfang, ihre Mutter kochte, machte die Hütte sauber und reparierte die Netze wenn ihre Hilfe nötig war, denn es gab Tage, voll mit wildem Sturm und Wellen wie Häuser hoch; und an solchen Abenden saßen sie alle bei der Feuestelle, reparierten Netze (die immer eine Reparatur brauchten); der Boden war voll Fischgarn und Netze und dabei erzählten sie sich die alten Geschichten und die Sagen des Nordens. Eigentlich die Eltern erzählten ihren Kindern diese Geschichten und die alten Sagen, eben dieselben Erzählungen, die sie selbst von ihren Eltern oder Großeltern als Kinder gehört haben. Helga liebte diese Tage, obwohl sie wußte, daß sie auch Geldsorgen brachten, aber die Gemütlichkeit und das Gefühl zusammen bei warmem Feuer zu sitzen, mit einem heißen Getränk und später gab es da auch Hafferbrei. Wenn da reicher Fischfang war und Geld zuhause, gab es einen Haffenbrei mit Sahne und Zucker, wenn es arme Tage gab, war er bloß mit ein bißchen Salz auf Geschmack gebracht. So verging die Zeit dort im Nordland.

Eines schönen Tages, der viel versprechend war, denn die Fischzüge kreuzten die Gewässer und der Vater sagte, das Meer sehe aus wie eine Fischsuppe die brodelt, stand sie auf dem Storfjellet, so wie sie immer tat und winkte sie dem Boot ‚Gute Reise’ zu; dem Boot in dem ihr Vater und Bruder saß und der aus der Bucht aufs Meer hinaus segelte. Lange sah sie dem kleinen grauen Segel nach und gerade als sie nach Hause gehen wollte, wo ihre Mutter die Körbe sauberte und trockene Netze mit Helga verbessern wollte, hörte sie da eine Stimme.

„Komm her liebes Mädchen, ich bin die gute Ran, helfe mir mit meinem Netz, es sitzt fest in einer Spalte und ich darf das Wasser nicht verlassen!“ Helga zögerte, denn sie wußte wer Ran war, daß war die Zauberin die Matrozen in ihre Netze fing und ihre Seelen in Krügen auf dem Meeresgrund in ihren Hallen sammelte. Ausserdem wartete die Mutter zuhause mit den Netzen und sie, Helga, hatte alle Nädel in ihrer Schürze. Sie kam jedoch näher und sie sah eine Frau mit grünem Haar, die mit ihren starken Händen an einem Netz aus aller Kraft zog, aber es hat sich weit in einer Spalte weit des Wassers verdreht. Ran sah nicht so aus, als ob sie Gutes im Sinn hätte, den sie haßte alles was auf dem Land lebte. Aber sie kannte das Gesetz des Nordens welches jeden und alles zum Gegendienst verpflichtete wenn Hilfe geboten und sie war eine Riesin, eine Halbgöttin und wie der Vater immer sagte, auch die Riesen verdienten den Respekt. „Nun“, sagte Helga, „ich helfe Euch, aber ich habe auch einen Wunsch. Mein Vater und Bruder sollten wohl behalten wieder nach Hause kommen.“ Sie wußte, daß Ran beleidigt wäre ohne Gegendienst und dadurch wäre ihrerseits die Verpflichtung ewig als nicht beglichen betrachtet was nicht ehrenhaft ist; wenn sie nichts fragte; und sie wußte auch daß man dem Meer nie vertrauen kann und sie wußte auch, daß Ran ihr Versprechen halten wird, denn ein Schwur bindet. Sie half mit dem Netz und als sie ein Loch entdeckte, setzte sie sich auf dem Felsen nieder, nahm aus ihrer Schürze eine Nadel und etwas Fischergarn und reparierte das Netz so schnell und kündig, daß man überhaupt nicht sehen könnte, es war je ein Loch da. „Damit hast du dir noch einen Wunsch verdient,“ sagte Ran aber Helga antwortete, daß so etwas doch selbstverständlich ist und braucht keinen weiteren Gegendienst. Da lächelte Ran ihr kaltes Lächeln und bald verschwand sie wieder in den Wellen des Meeres ohne ein Wort zu mehr zu sagen.

Vater und Sohn segelten und der Fischfang war gut und reich so daß sie im Eifer die Zeit vergessen haben. Plötzlich bewegte sich das Meer und ein leises Rauschen war zu hören. „Der Maelström!“ Sie kehrten ihr Boot um, aber der Wind war ein Gegenwind und sie mußten lavieren und obwohl sie beide die Rudern nahmen und bemühten sich aus voller Kraft weiter zu kommen, gelang es ihnen nicht. Sie wurden erfaßt und zu diesem schrecklichen Wirbel gezogen. Aber plötzlich fühlten sie einen neuen starken Strom unter ihrem Boot der sie weg von dem teuflischen Mund des Maelströms zog. Sie ruderten wie besessen und so kamen sie heil nach Hause und das noch mit einem Boot voll reichen Fischfangs. Als sie ihre Abenteuer am Abend erzählten, dachte da Helga, daß Ran nicht ganz und ausschließlich nur eine böse Zauberin ist. Es war wie ihr Vater immer sagte. Auch Götter und Riesen haben ihre Aufgaben die sie erfüllen müssen und das verdient Respekt.

Am nächsten Morgen als sie Wasser aus dem Brunnen holte, packte jemand ihre langen Zöpfe und zog. Es war der dicke Kjell Björnson, der da lauerte. „Wie seid ihr zu all den Fischen gekommen“ rief er und zog Helga noch kräftiger. „Alle mußten umkehren, weil der Maelström wieder brüllte und nur ihr habt ein volles Boot!“ Da er ihr weh tat, erzählte sie ihm, daß sie der Ran begegnete und einen Wunsch äussern dürfte. „Fische?!“ kreischte er, „deinen Vater und Bruder? Wie blöd du bist, du solltest dir doch Gold, viel Gold wünschen! – und du Blöde hast noch einen Wunsch laufen lassen, kaum zu fassen diese Einfältigkeit!“

Da Kjell habgierig war und ein bösartiger Junge, rannte er jeden Tag zum Storfjellet und lauerte der Ran nach. Er sah, daß sie jeden Tag kam und sich bei dem Felsen ausruhte, aber sie paßte gut auf, das ihr kostbares Netz nicht wieder in die Spalte kam. Kjell überlegte nicht lange, er schlich sich von hinten an Ran heran, zog vorsichtig ihr Netz weiter aufs Land, knotete es in eine Spalte und tat es so kräftig, daß er ein Loch im Netz verursachte. Er tat es eigentlich absichtlich, weil es ihm auch immer Freude und Spaß bereitete etwas kaputt zu machen. Dann lief er um den Felsen herum und näherte sich pffeifend der Stelle wo Ran saß. Sie wollte ins Meer schlüpfen aber wenn sie ihr Netz zusammenrollen wollte, blieb es wieder in der Spalte stecken. „Ich weiß wer Ihr seid!“ rief Kjell. „Die alte Hexe Ran, die nicht das Land betretten darf!“ Er lachte häßlich, grinste sie an und Ran ärgerte sich. Aber je mehr sie sich ärgerte, desto grober wurde Kjell.„Wenn ich helfe, kriege ich einen Wunsch frei?“ sagte er grob. „Für Dienst ein Gegendienst doch!“ „Natürlich lieber Junge,“ sagte sie mit trockener Stimme und ihre Augen blitzten. „Jeder Dienst verdient einen Gegendienst und du kriegst sogar zwei Wünsche frei, die ich dir gerne erfüllen werde - “„Schwört ihr,“ forschte Kjell, denn er vertraute der Zustimmung nicht und Ran hatte so ihren Ruf. „Ich schwöre, ja ich schwöre,“ rief Ran. Kjell machte das Netz los, kümmerte sich nicht um das Loch und warf es ins Wasser. „Jetzt die Wünsche“ eiste er. „Ich wünsche mir also einen grossen Faß voll Gold!” „Sollst du haben“ sagte Ran, sie klatschte in ihre Hände und da kamen Meerjungfrauen mit einem grossen Faß angeschwommen. Ein Faß voll reinen Goldes den sie nähe dem Ufer im untiefen Wasser liessen und verschwanden wieder. Kjell rannte zu dem Faß und badete seine Hände im Gold als plötzlich seine Beine im Wasser von den Krallen der Ran umfaßt wurden. „Du häßliche Hexe, ich wünsche ich würde dich nie mehr sehen!“ rief er zornig. „Nichts leichtes als das“, lächelte Ran kalt, zog aus ihrem Gürtel einen Pfriem und stach ihm beide Augen aus. „Jetzt wirst du mich nie mehr sehen, dein zweiter Wunsch ist erfüllt und die Rechnung beglichen“, lachte sie und verschwand in der Tiefe unter dem Storfjellet. Kjell lief voll Wut davon aber verirrte sich in der Richtung und fiel von einer nahen Klippe in das Meer. Seine Seele kam in einen Krug in Ran’s Hallen.

Als Helga am nächsten Tag auf dem Storfjellet stand und dem Boot ihres Vaters zuwinkte, fand sie am Ufer ein Faß voll reinen Goldes. Als sie darüber staunte, flüsterten die Wellen leise: „ Du hattest noch einen Wunsch zugut, niemand wird je sagen, Ran ist etwas schuldig geblieben. Das Gesetz des Nordens bindet, egal wer wir sind.“

© 2008 Lynagh
***NEC ASPERA TERRENT***


Nil admirari prope res est una, solaque quae possit facere et servare beatum
= sich über Nichts zu wundern ist wohl das Einzige, was einen glücklich machen kann und bleiben läßt
(Horatius)