Odin begab sie noch immer gerne in irgendwelcher Verkleidung nach Midgard und an einem gewissen Tag kam er, begleitet von Hönir und Loki, zu einem schönen Fluss, der durch ein tiefes Tal strömte..
Als sie dem Fluss stromaufwärts folgten, kamen sie zu einem Wasserfall in einem tiefen und einsamen Tal. Auf einem Felsen neben dem Wasserfall saß ein Otter mit sehr zufriedenem Ausdruck auf seiner Schnauze und machte sich daran einen Lachs zu essen, den er eben gefangen hatte. Loki packte sofort einen Stein auf und warf ihn nach dem Otter und traf so gut, dass der Otter eben später tot auf seinem getötetem Lachs lag.
„Ha ha,“ rief Loki “Zwei fliegen mit einem Wurf! Echt etwas für mich, mit einem Stein einen Otter und einen Lachs als Beute zu machen.“
Er hob seine doppelte Beute auf und die drei Asen verfolgten ihren Weg bis sie zu einem Haus kamen das durch reiches Ackerland umgeben war und umringt mit einer starken Mauer, so wie es sich nur ein mächtiger Herr erlauben konnte.
Die drei Reisende traten durch die geöffnete Pforte hinein und kamen in einen großen Saal, wo, auf einem Sessel beim Feuer ein dunkler Mann mit blitzenden Augen saß.. „Gegrüßt seid Ihr, Fremde,“ rief er. „Sagt mir wer Ihr seid und warum Ihr zum Haus von Hreidmarr, dem Meister der Zauberer kommt?“
„Wir sind arme Pilger die durch die Welt ziehen,“ antwortete Odin höflich, seinen breitkrempigen Hut abnehmend währenddessen er sich auf seinen Stab stützte und mit seinem einzigen Auge Hreidmarr untersuchend aufnahm.
„Und als wir Euren mächtigen Wohnsitz zwischen den fruchtbaren Ackern sahen, sind wir gekommen und wollten Euch begrüßen.“ „Obwohl wir nur arm sind,“ fügte Loki schnell hinzu, „sind wir doch stark und schlau. Sehe nur, diesen Otter und diesen Lach habe ich mit einem einzigen Stein getötet.“
Als Hreidmarr sah was ihm Loki zeigte, sprang er auf und rief: „Kommt her, meine Söhne Fafnir und Regin! Kommt und packt diesen bösen Mann der euren Bruder Otter ermordet hat, nehmt sie alle drei gefangen!“
Während die Reisenden durch einen Zauber gelähmt wurden kamen da zwei starke junge Männer herein die alle drei fest in eiserne Ketten schlugen.
„Und jetzt,“ sagte Hreidmarr grimmig, währenddessen er seine drei Gefangenen rachsüchtig anstarrte, „jetzt mache ich mir Gedanken auf welche Weise ich euch töten werde.“
„ Warum ist es nötig, dass Ihr uns tötet?“ fragte der langsame Hönir in der Hoffnung im Gespräch könnte man der unmittelbaren Gefahr vorbeugen.
„Warum? Ihr solltet es wissen,“ antwortete Hreidmarr, „Ich bin ein Meister Zauberer was die Trollen und Schwarze Elfen nur zu gut wissen. Meine drei Söhne besitzen auch diese Gabe und außerdem können sie jede gewünschte Gestallt annehmen. Mein ältester Sohn Otter nahm gerne die Gestallt eines Otters an, so dass er seinen bevorzugten Fisch, Lachs, fangen konnte wenn sie im Wasserfall nach unten sprangen. Bei dem Wasserfall, der hier in der Nähe liegt und der Andvari’s Kraft genannt wird! Den Otter, den ihr getötet habt ist dieser mein Sohn und die Gerechtigkeit heist ein Leben für ein Leben!“
„Aber die Gerechtigkeit heist auch, dass wir Schmerzensgeld bezahlen,“ antwortete Hönir unbeirrt, „Das ist eine Summe die bezahlt wird, wenn das Toten durch Unglück geschah. Mein Gefährte warf den Stein nach etwas was ein gewöhnliches Wassertier zu sein schien. Komm setze erst die Höhe der Summe fest, das Schmerzengeld dass wir für Euren Sohn bezahlen müssen.“
Da überlegte Hreidmarr mit Fafnir und Regin und schließlich sagte er: „Fremde, wir werden also Schmerzengeld annehmen. Wir eisen reines Gold in einer Menge, welche die Haut des Otters der mein Sohn war ganz füllt und soviel noch drauf gelegt ,dass kein einziges Härchen des Pelzes zu sehen ist. Zwei von Euch bleiben in den Ketten hier während der dritte das Gold holen geht.“
Die Asen überlegten zusammen und das Ergebnis war, dass der Schlaue Loki das Gold irgendwie auftreiben geht. „Gehe zu den Schwarzen Elfen und zu den Zwergen,“ sagte Odin. „Gebrauche alle deine schlauen Kunstgriffe, denn wir sind in der Macht des Zauberers, die nicht wissen dürfen wer wir sind. Darum kann ich keine Hilfe aus Asgard anfragen.“ „Lasse es an mir,“ kicherte Loki. „Ich weiß wo ich das Gold kriegen kann, jedoch werde ich meine ganze Schlauheit brauchen um daran zu kommen.“
Sie blieben Hönir und Odin angekettet, während Fafnir und Regin den Otter abhäuteten um das Schmerzengeld messen zu können und Loki ging seinen Weg um den Schatz zu bemächtigen. Er ging schnurstracks zurück zu dem Wasserfall Andvari’s Kraft, wo der Otter seinen glänzenden Lachs gefangen hatte und setzte sich bei dem strömenden Wasser auf einen Stein. Loki konnte durch den brüllenden Bogen des Wasserfalls hindurchschauen und schon sehr bald merkte er, dass Andvari der Zwerg sich dort in Gestallt eines Hechts in der Grotte hinter dem Wasserfall verborgen hielt und wo man im Düster das schimmern von Gold sah. „Wie kriege ich ihn zu packen,“ dachte Loki. „Ihn mit meinen Händenzu fangen, ist unmöglich und er ist viel zu schlau um sich durch ein Aas locken zu lassen, wie erfinderisch ich es auch anstelle.“ Da dachte Loki an Ran, die hartherzige Frau von Aegir, des Riesen der die Meere beherrscht, welche nach jedem Schiffbruch die Matrosen in ihre Netze fing und nach unten zum Boden des Ozeans zog. Ran mochte die Asen nicht, jedoch in Loki fühlte sie das Blut der Riesen und darum borgte sie ihm gerne ihr Netz. „Aber zeige es den Asen nicht,“ warnte sie ihn. „Und auch nicht den Bewohnern von Midgard. Denn es kann ein Tag kommen, dass du flüchten möchtest und dann kann nur so ein Netz dich fangen.“
Loki nahm Rans Netz und kehrte zum Wasserfall zurück. Dort warf er das Netz ins Wasser und das tat er so geschickt, dass der große Hecht in den Maschen verheddert war und schließlich nach Atem schnappend auf dem Ufer lag. Loki umklammerte ihn fest mit seinen Händen bis Andvari wieder seine eigene Zwergen Gestallt annahm und ärgerlich fragte was er wollte. Als Loki sagte was er wollte, musste Andvari alle seine Schätze preisgeben um sein Leben zu retten. Er brachte das Gold aus der Grotte heraus und machte davon einen großen Haufen auf dem Ufer. Es war tatsächlich eine große Menge Gold, einen solchen Schatz hatte man in Midgard noch nie gesehen.
© 2007 Lynagh