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Montag, 10. November 2008, 14:23

Kalmus

Acorus calamus L.

Abb.: Köhler's Medizinal-Pflanzen 1887

Herkunft:
griechisch ákoros; lateinisch calamus abgeleitet vom griechischen kalamos= Rohr, Schilf

Südchina und Vorderindien

Volksname:
Ackermann, Ackerwurz/el, Bajonettstangen, Brustwurz, Deutscher Zitwer, Deutscher Ingwer, Gewürzkalmus, Kalms, Karmsen, Karmswuttel, Karmeswurtel, Karmelkeswurtel (Ostfriesland), Kalmuswürze, Kärmscwottel (Emsland), Kommerzienwuddel, Kolmas, Kalmas, Magenwurz, Venuspflanze

Pflanzenfamilie:
Kalmusgewächse (Acoraceae)

Verwendete Pflanzenteile:
Wurzelstock (Rhizoma Acori)

Sammelzeit:
Im Frühjahr vor der Blattentwicklung oder im Spätherbst

Inhaltsstoffe:
Ätherisches Öl, Acorin, Asaron, Weichharz, Eiweiß, Stärke, Gummi, Bitterstoff, geringe Mengen Gerbstoffe, Salze

Heilwirkung:
In China ist Kalmus schon seit 3700 vor Chr. als Lebensverlängerer bekannt. Der Geruch der Kalmuswurzel ist aromatisch, während der Geschmack würzig bitter und brennend ist. Sie wirkt appetitanregend, blähungswidrig, entzündungshemmend, konzentrationsfördernd, stimulierend bis berauschend, verdauungsfördernd und unterstützt die Rauchentwöhung.

Innerlich wird die Wurzel vor allem als Tee bei Appetitlosigkeit, Blähungen, Bronchitis, Darmkrämpfen, Depressionen, Entzündungen im Magen-Darm Bereich, Gallebeschwerden, Magenkrämpfen, Entzündungen der Mundschleimhaut, Schlaflosigkeit, Erschöpfung, Verdauungsstörungen, Verstopfung und Zahnschmerzen verwendet. Sie stärkt das Zahnfleisch und ist hilfreich bei zahnenden Kindern. In der ayurvedischen Medizin gilt sie als Stärkungsmittel für Gehirn und Nervensystem.

Äußerlich wird sie zur Behandlung von Hautausschlägen und Rheuma angewandt und als Zusatz in Mund- und Gurgelwässern.

Die getrockneten Wurzeln finden in Extrakten, Tinkturen, als Pulver und ätherischem Öl vielseitig genutzt.

In der Küche:
Als verdauungsförderndes Mittel kann die pulverisierte Wurzel Speisen als Gewürz hinzugefügt werden. Kalmuskandis wurde zum Schutz vor Infektionen, bei Husten und zur Behandlung von Verdauungsstörungen angewandt. Dazu wurde die Wurzel in dünne Scheiben geschnitten und mit Kandis überzogen.

Geschichte:
In früheren Jahrhunderten hieß das wohlriechende Rhizom "calamus aromaticus". Die Bezeichnungen Sigge (Ostfriesland), Sierg (Hannover: Aurich), Ruuksigge (Ostfriesland), Ruuksierg (Hannover: Aurich), zu "riechen" wegen des wohlriechenden Rhizoms, gehören wohl wie Segge zum Stamme, sek = schneiden und beziehen sich auf die säbelförmige Gestalt der Blätter. Aus dem gleichen Grunde werden die Kalmusblätter in Oldenburg von spielenden Kindern Sabels genannt, während die mit Blütenkolben versehene Pflanze Sabels mit Bangenetten (Bajonetten), Bajonettstangen heißen. In Niederbayern (z. B. in Mallersdorf) werden die Kalmuspflanzen wegen des aromatischen Rhizoms als "schmeckats" = "wohlriechendes Rohr" bezeichnet. Ab und zu wird unsere Art in der Benennung vom Schilf oder anderen schilfähnlichen Pflanzen nicht unterschieden: Leesch, Leis (nordwestliches Deutschland), Schilf (Böhmen, Erzgebirge), Schiffswurzel, weil sie vielleicht zum kalfatern der Schiffe (zum Abdichten der Fugen) gebraucht wurde.

Seit uralten Zeiten in Indien als Gewürz und Arzneimittel in Gebrauch, und wird als solches schon in der Ayur-Vedas erwähnt. In der arabischen Welt wurde er zudem als Aphrodisiakum hoch geschätzt. Auch den alten Griechen und Römern ist der Kalmus wohlbekannt gewesen. Ungeklärt ist hingegen, ob der im Alten Testament genannte Kalmus mit unserer Pflanze identisch sei, gewöhnlich wurde er als Andropogon Schoenanthus gedeutet.

Nach Dioskurides soll die Wurzel wärmende und harntreibende Eigenschaften haben, sie soll Krankheiten der Lunge, Brust, Leber und Milz, Bauchgrimmen, Brüche und Krämpfe heilen, ihr Saft die Trübung der Augen beseitigen und auch als Bestandteil von Gegengiften erfolgreich wirken. Simon Paulli empfahl den Soldaten, immer Kalmuswurzeln bei sich zu tragen und zur Desinfizierung des Wassers zu benutzen.

Im Mittelalter machte man keinen Unterschied zwischen asiatischem und europäischem Kalmus, später wurden Handelssorten verschiedener Länder unterschieden. In Polen soll Kalmus schon im 13. Jahrhundert gepflanzt worden sein. Daß der Kalmus im Mittelalter nicht in Deutschland vorkam, geht daraus hervor, daß er in den aus dieser Zeit stammenden Schriften nirgends genannt wird. Auch die Kräuterbücher aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts (Brunfels, Bock, Fuchs) kennen ihn nur als ausländische Droge. Der "Hortus Sanitatis" (1485) nennt ihn als abführendes Mittel und gut gegen Herzklopfen und Fieber. Die erste gute Abbildung des Kalmus finden wir bei Matthiolus, die Anwendungsweise ist hier fast dieselbe wie bei Dioskurides.

Die Einführung des Kalmus in Deutschland ist dem österreichischen Gesandten in Konstantinopel Angerius von Busbeck zu verdanken, der ihm wegen seiner Wirkung gegen Ansteckung besondere Aufmerksamkeit schenkte. Im Jahre 1565 schickte er die Pflanze aus Kleinasien an Matthiolus und im Jahre 1574 aus der Gegend von Brussa im nordwestlichen Kleinasien, an Clusius. Dieser kultivierte die Pflanze schließlich in Wien und von hier aus verbreitete sie sich schließlich über Deutschland, aber selbst 1725 galt die Wurzel immer noch als ausländische Droge, die zum Teil aus Indien eingeführt wurde.

Von Hippokrates wird der seit alters her beliebte Kalmus als Spül- und Räuchermittel für den Uterus verwandt. Der Hortus Sanitatis rühmt ihn als Magenmittel, gegen Herzzittern und äußerlich gegen Aftervorfall.

Lonicerus verordnet ihn als verdauungsförderndes, diuretisches, hustenlinderndes und emmenagoges Mittel, auch gegen Harnwinde, Nierenschmerzen, Magenerkältung, Herzzittern und zur Vorbeugung gegen Fieber. Siehe auch: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938 Dr. Med. Gerhard Madaus


Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.


"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt."
- J. G. Herder -

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