Herkunft:
Chelidonium vom griechischen
chelidon=Schwalbe;
majus=groß
Aus den gemäßigten und warm-temperierten Gebieten Europas
Volksname:
Aflkraut, Augenkraut, Blutkraut, Bockskraut, Gilbkraut, Gelbes Millkraut, Gelbes Millkraut, Goldkraut, Goldwurz, Gottesgabe, großes Schwalbenkraut, Hergottsblatt, Hergottsgnade, Hexenkraut, Hexenmilch, Himmelsgabe, Krätzenkraut, Marienkraut, Nagelkraut, Schälerkraut, Schälkraut, Schellkraut, Schindwurz, Schindkraut, Schinnkraut, Schwalbenkraut, Schwalbenwurz, Schwinnwart, Teufelsmilchkraut, Trudenmilchkraut, Warzenkraut, Wasserkraut, Wulstkraut, Ziegenkraut
Pflanzenfamilie:
Mohngewächse (Papaveraceae)
Verwendete Pflanzenteile:
Kraut, Pflanzensaft und Wurzel
Sammelzeit:
Das blühende Kraut Mai/Juni, die Wurzel (
Herba et Radix Chelididonii) vor der Blüte
Inhaltsstoffe:
Alkaloide (u.a. Berberin, Chelidonin, Spartein, insgesamt 10), Bitterstoff, Citronensäure, Ergosterol, Fette, Fumarin, Färbemittel, Histamin, Nikotinsäure, ätherisches Öl, fettes Öl u.a.
Heilwirkung:
Das Schöllkraut steht nach altem Volksglauben als Sinnbild für ein ausgeglichenes Leben und gehört zu den stark wirkenden, aber auch giftigen Heilpflanzen und sollte unbedingt richtig dosiert werden. Hier bewahrheitet sich die alte Weisheit des Paracelsus:
"Alle Dinge sind Gift und nicht ohne Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist".
Bei entsprechender therapeutischer Anwendung sind keine sogenannten Vergiftungserscheinungen zu befürchten. Bei der lokalen Anwendung kann es bei empfindlichen Personen allerdings zu Hautreizungen kommen.
Es wirkt antibakteriell, beruhigend, betäubend, blutdrucksenkend, galletreibend, hautreizend, krampflösend, schweisstreibend, schmerzstillend, pilz- und keimtötend und zellwachstumshemmend.
Besonders bekannt ist seine innere Anwendung bei Gallenblasenentzündung, Leberschwellung, Gelbsucht, Gallengries, Rheuma und Gicht. Nicht weniger erfolgreich wird es bei Abszessen, Akne, Allergien, Arteriosklerose, Asthma, Augenentzündung, Augenkrankheit, als Augenmittel, Hautkrankheiten, Hühneraugen, Krampfhusten, Milzerkrankungen, bei Magen- und Darmbeschwerden, Nervenschmerzen, Schuppenflechte, Sommersprossen, Verstopfung und Warzen.
Zum inneren Gebrauch eignen sich Teezubereitungen, die etwas milder wirken, die Tinktur und der wesentlich stärkere Presssaft, der jedoch nur in geringen Mengen verwendet werden soll. Außerdem ist der Wirkstoff in Mono- und Kombipräperaten enthalten.
Kosmetik:
Der ätzende gelbe Saft der beim brechen der Blätter oder Stängel austritt, wird an der Luft orangefarben und wirkt stark hautreizend, löst aber bei täglicher Anwendung Warzen, Hühneraugen, Flechten und Schwielen auf. Hierbei sollte darauf geachtet werden, daß die umgebende Haut wegen der Ätzwirkung unbenetzt bleibt. Die Giftigkeit geht beim trocknen verloren. Hildegard von Bingen empfahl Schöllkrautsaft ebenfalls bei Warzen und Geschwüren.
Geschichte:
Nach Dioskurides hat die Pflanze ihren Namen entweder daher, weil sie mit dem Eintreffen der Schwalben blüht und mit deren Abreise verblüht, oder daß junge Schwalben, die erblindet sind, von ihren Müttern mit frischem Schöllkraut geheilt wurden (auch nach Aristoteles 350 v. Chr.). So heißt es auch in den Schriften der Schule von Salerno. „Schöllkraut ist den Augen gsundt' Das wird uns von den Schwalben kundt.“
Der deutsche Name Schöllkraut ist wohl eine Entlehnung aus dem griechisch-lateinischen
chelidonium, dieses wurde früher auch
celidonia geschrieben und als
coelidonum=Himmelsgabe gedeutet. Einer anderen Deutung nach leitet sich der Name
Chelidonium vom griechischen
kelido=beflecken ab, vermutlich weil der Saft auf Haut und Kleidung schwer entfernbare Flecken hinterließ.
Im Mittelalter galt Schöllkraut als Symbol gegen geistige Blindheit.
Die Alchimisten sammelten sie die Pflanzen nur wenn die Sonne im Löwen steht, der Mond im Widder, zur Stunde des Mittags (Planetenstunden), zu der die Sonnenkräfte im Sonnenkraut besonders wirksam sein sollten. Überliefert ist bis heute die Meinung sie hätten versucht aus dem Kraut Gold (Goldkraut, Goldwurz) zu machen. Außerdem vermuteten sie in der gelben Wurzel den Stein der Weisen.
Theodor Zwinger (auch Theodoro Zuingero) schreibt im "Theatrum botanicum"
Neu vollkommenes Kräuterbuch 1744:
"Schellkraut an die Orte öfters gerieben, da man nicht gern Haar hat, vertreibt es."
Leonhardt Fuchs
New Kreüterbuch 1543:
"Die stengel und ästlin bringen in der höhe schöne saffrangeele blümen/
als die geele violen/
daraus werden zulezst lange schöttlin (Schoten) oder hörnlin/ ——
Das kraut/ stängel/ und blümen so mans zerreibt/
geben von sich geelen safft/
am allermeysten aber die wurzel/
welche gantz goldtgeel ist ——
Dieser safft ist saffrangeel/ scharp/ bitter/ und eins starcken geruchs. "
Otto Mensing
Schleswig-Holsteinisches Wörterbuch 1800:
"In der Zeit, so die Schwalben neste machen, oder die Ader nisten, wächset dieses Kraut. So man dieses bey sich hat mit einem Maulwurfshertz, der überwindet seine Feinde und endet allen Krieg und Hader, / so dieses dings auf eines kranken menschens Haupt geleget werden, soll er genesen, so weinet er, soll er aber sterben so singet er mit völliger Stimme. / Wenn die Schell Wurzel blüth, soll man sie stosen und sieden, das Wasser darnach in ein Geschirr thun, wiederum zu Feuer setzen und wohl scheumen; wen es dan einen Sud gethan, so seige es durch ein Tuch und behalte es; wer nun dunkle Augen hat oder das Schein der Augen, der streige es darin, so werden sie ihm klar und gut."
Der Saft des Schöllkrautes ist sehr farbintensiv und die Flecken sind nur schwer zu entfernen. Diesen Umstand hat man sich früher zunutze gemacht zum färben von Wolle und Stoffen. Auch Leder wurde damit gegerbt und gefärbt. Wandfarben bekommen durch Zusatz von Schöllkrautsaft einen schönen, warmen Orangeton. Als es noch keine chemisch hergestellten Haarfärbemittel gab, mußte man sich mit anderen Mitteln helfen um den Haaren die gewünschte Farbe zu verleihen. So ist in dem Kräuterbuch von Tabernaemontanus (1731) ein Rezept zum Haare färben mit Schöllkraut aufgeführt.
Über die Heilkraft der Pflanze schreibt Dioskurides: "Der mit Honig gemischte und in einem ehernen Geschirr über Kohlen gekochte Saft dient zur Schärfe des Gesichtes. Die Wurzel, mit Anis und Weißwein getrunken, heilt die Gelbsucht und mit Wein als Umschlag Bläschenausschlag."Jedenfalls ist aus den Werken von Dioskurides und Plinius die Anwendungsweise der Pflanze in die mittelalterlichen Kräuterbücher übernommen worden. - Die Schule von Salerno schreibt: "Schellkraut ist den Augen gesundt, Das wird uns von den Schwalben kundt."
Auch gegen Gelbsucht, Wechselfieber, Wassersucht fand es Verwendung. Den bitteren Saft gebrauchte man zur Herstellung eines Extraktes zum Vertreiben von Warzen.
Albrecht Dürer erkrankte auf seiner niederländischen Reise im Jahre 1520 in Zeeland an Malaria und litt seitdem an chronischer Malaria mit Milztumor und Leberschwellung, die erfolgreich mit Schöllkraut behandelt wurde. Ein Bildblatt des Chelidoniums, welches er seinem Arzt sandte, zeugte von dem dankbaren Gedenken, das der Meister der Heilpflanze bewahrte. Es hängt heute in der Albertina in Wien.
Das Schöllkraut ist ein sog. "Ameisenwanderer". An seinen kleinen, schwarzen Samen hängt eine weiße Samenschwiele, die von Ameisen gern gefressen wird, weshalb diese die Samen verschleppen und nach Abbeißen der Schwiele liegen lassen. So geraten die Samen auch in Mauerspalten senkrechter Mauern, wo sie keimen können. Siehe auch:
Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938 Dr. Med. Gerhard Madaus
Bei langanhaltenden, wiederkehrenden oder sich verstärkenden Beschwerden, sollte immer ein erfahrener Mediziner zur Abklärung der Ursachen konsultiert werden.