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Sonntag, 20. Dezember 2009, 13:33

Das Märchen zum Julfest und zum Jahreswechsel

Zitat

Es war einmal vor langer, langer Zeit ein Dorf. Es bestand aus sechs oder sieben Höfen. Die Bäume hatten längst ihre Blätter abgeworfen und sich auf die kalte Jahreszeit eingestellt. Die Menschen hatten alles, was die Natur ihnen gegeben hatte, eingesammelt und eingelagert. Im ganzen Land war der angenehmste Platz möglichst nah am Feuer, von wo der Duft der werdenden Mahlzeit bis in den letzten Winkel des ganzen Hauses reichte. Dächer und Wände waren im Herbst nochmals dicht gemacht worden, so daß selbst der scharfe Nordwind draußen bleiben mußte. In allen Häusern war man auf den Winter eingerichtet.

Während im Dorf alle Hände mit der Vorbereitung auf das große Fest der Sonnenwende beschäftigt waren, weilten die Gedanken doch meist bei dem, was in dem letzten Haus am Dorfausgang vor sich ging, das direkt vor dem Panorama des Berges stand. Dort lag die Frau, die Mutter, die in den letzten Monden runder und runder geworden war. Es würde nicht mehr allzulange dauern, bis die Kinder ihr neues Geschwisterchen würden begrüßen können. Würde es noch vor dem großen Fest der Sonne, würde es nach dem Fest, oder würde es gar... Daran wagte kaum jemand zu denken, geschweige denn, daß jemand darüber zu sprechen sich getraute.

Die Tage vergingen, die Mutter wurde immer unruhiger. Jetzt kam fast jeden Tag die Walküre, um nach ihr zu sehen. Dann mußten alle anderen das Haus verlassen. Nur noch wenige Tage bis zum Sonnenfest. Das ganze Dorf verfolgte mit steigender Spannung und Aufmerksamkeit die näher rückende Geburt. Die Vorbereitungen für das Sonnenfest gerieten fast schon zur Nebensache. Der Vater konnte seine Aufregung nur noch mühsam unterdrücken, und man sah ihn fast den ganzen Tag im Großen Haus des Meisters in irgendwelchen Gesprächen. Sowieso spielte sich ganz besonders in der kalten Jahreszeit das Leben der kleinen Gemeinschaft meist hier ab. War doch alles angenehm gewärmt durch das Feuer der Schmiede, an dem der Meister jetzt viele Helfer hatte. Nicht nur neue Werkzeuge wurden gemacht, auch alte wurden repariert und manche ganz neuen Dinge wurden versucht und angefertigt.

Als das Morgenlicht den Tag der Sonnenwende werden ließ, verlagerte sich das Leben nach draußen. Dies nicht nur, weil über Nacht wieder Schnee gefallen war. Girlanden wurden bereitgelegt, geflochtene Feuerräder standen neben den Türen, während aus jedem Hof Speisen und Getränke zum Großen Haus getragen wurden. Insbesondere die Kinder trugen stolz ihre oft gerade eben erst fertiggestellten, mit verschiedensten Stickereien verzierten, neuen Kleider.

Während des Morgens trafen nach und nach die erwarteten Nachbarn aus den umliegenden Dörfern ein. Nur waren diesmal auch solche gekommen, die sonst ihr Fest auf dem eigenen Festberg feierten. Denn es hatte sich weit im Land herumgesprochen, daß an diesem Tag vielleicht etwas Großes passiert. Auch die Walküre hatte nach Verstärkung geschickt, und so trafen am Vormittag noch zwei weitere Walküren ein. Auch sie sahen schnell, daß die Geburt kurz bevorstand. Gemeinsam warteten sie nun auf die so wichtige Nachricht vom großen Thingplatz. Denn nur mit der dortigen Anlage konnte der genaue Zeitpunkt bestimmt werden.

Das schwere Pferd dampfte, als der Reiter aufgeregt an der Schmiede heruntersprang und seine Nachricht dem Meister überbrachte. Alles, was Beine hatte, konnte nicht schnell genug zum Großen Haus kommen. Noch flüsterten die Walküren mit dem Meister. In der angespannten Ruhe war seine Stimme dann bis in den letzten Winkel deutlich zu hören. "Wir müssen bald aufbrechen, denn wenn der Mond die Hohe Tanne streift, dann erwacht Wohltan in seiner stärksten Kraft. Und sie wird nur solange anhalten, bis diese Runen zu Asche zerfallen. Also laßt uns aufbrechen, und seid mir vorsichtig mit der Mutter."

Alles lief wie in all den Jahren zuvor. Jeder kannte seine Aufgabe, jeder hatte sein Gepäck. Einzig die Gruppe der Walküren, die direkt hinter dem Meister kam, schien nur Augen für die Mutter zu haben, die zwischen ihnen ging. Mal mehr, mal weniger gestützt, mußte sie auch manches Wegstück getragen werden. So ging es unter dem gemeinsamen Gesang uralter Lieder dem Berg zu. Auch als es steiler wurde, kam es zu keiner Verzögerung. Jeder kannte den so oft schon begangenen Weg. An den Heiligen Eichen vorbei erreichte die Gemeinschaft weit vor der Zeit den Wall an der Bergkante. Das Innere des eingewallten Platzes war fast völlig vom Schnee befreit. Auf der einen Seite war der hohe Holzstapel für das später weithin sichtbare Sonnenwendfeuer aufgeschichtet. In der Nähe der Bergkante aber lag wie so oft der eigentliche Mittelpunkt, der alte Suhlstein, in dem jeder von den Anwesenden zur Welt gekommen war. Kunstvoll war in den hier aus dem Berg ragenden Felsblock eine Vertiefung in der Form eines menschlichen Körpers gehauen.

Die danebenliegende Feuerstelle, über der ein eiserner, mit Wasser gefüllter Kessel hing, brannte bereits. Die Mutter fand ihren Platz auf mehreren übereinanderliegenden Decken direkt neben dieser Feuerstelle. Weitere Decken waren auch seitlich zu ihrem Schutz gegen den Wind gespannt. Während die letzten Arbeiten am großen Holzstapel abgeschlossen und die Feuerräder aufgestellt wurden und jeder sich an den wärmenden Getränken labte, wobei immer wieder eines der alten Lieder gesungen wurde, prüften die Walküren die Wärme des Suhlsteins. Um ihm die richtige Temperatur zu geben, wurde er öfters mit heißem Wasser aufgefüllt, das nach dem Abkühlen ausgeschöpft und erneut durch warmes Wasser ersetzt wurde. Als die Wehen begannen, wurde es ganz ruhig. Selbst die Tiere des Waldes schwiegen. Noch hatte der Vollmond die Hohe Tanne nicht erreicht. Als es dann soweit war, nahm der Meister die mitgebrachten Buchenholzrunen und legte sie vorsichtig auf das Feuer. Mit geschlossenen Augen standen alle im Kreis, die Handflächen nach unten gerichtet, erschallte der Ruf "Wohltan".

Die Geburt selbst dauerte dann nur wenige Minuten. Durch die aufgespannten Decken vor dem kalten Wind geschützt, wirkten die Walküren. Ein letztes Mal wurde der Suhlstein mit warmem Wasser gefüllt. Alles war still. Selbst der Wald schwieg, so daß das Fallen vereinzelter Schneeflocken noch hörbar schien. Und eine große Feierlichkeit hatte alle erlaßt. Das Stöhnen der Mutter war das einzig Hörbare. Und dann, ein erster dünner Schrei. Die bisher aufgespannten Decken sanken nieder und ein Kreis bildete sich um den Suhlstein, in dessen warmem Wasser die Walküre den Neugeborenen ganz vorsichtig hin und her schwenkte und suhlte. Nur das kleine und von der vergangenen Anstrengung rote Gesicht schaute heraus. Während die Mutter erschöpft in den Decken lag und lächelte, versammelten sich die Frauen auf der gegenüberliegenden Seite des Suhlsteins - der auch Irdensul genannt wurde - und sangen das uralte Lied von Wohltan und seiner Schöpfung. So fand der mit großer Kraft Geborene Aufnahme in ihre Gemeinschaft.

Die Walküren warteten die nur ihnen bekannte Zeit, die bereits weit bevor die Buchenrunen zu Asche zerfielen, erreicht war, nahmen den gewaschenen Knaben aus dem warmen Wasser und legten ihn in die von der Mutter in den Monaten zuvor gewebten Laken. Danach nahmen sie Mutter und Kind in ihre Mitte und sangen das Lied der Walküren.

Nach diesem Erlebnis und der Feierlichkeit begann in Begeisterung und Ausgelassenheit das große Fest. Das große Feuer streckte seine zackigen Finger in das Dunkel der Nacht, alles beschienen von der fernen weichen Pracht des vollen Mondes. Lieder erschallten weit über die Berge, und Jungen und Mädchen tanzten ums Feuer.

Der Meister nahm den Vater zur Seite, um ihn, so wie es Brauch war, nach dem Namen seines Jungen zu fragen.

"Er soll ein Kind sein wie alle anderen, auch wenn er mit seiner Geburt Wohltans höchste Gaben erhalten hat. Meine Frau und ich wollen, daß dies auch sein Name ist: Ein Kind wie du, Widukind".


Aus "DEUTSCHLAND" Schrift für idealistische Ordnung, Wilhelm Kammeier Verein e.V., Postfach 450322, D-50878 Köln info(A)wk-institut.de


Gefunden auf: http://widerhall.de/36wh-wei.htm

"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt."
- J. G. Herder -

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Tarja

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Montag, 21. Dezember 2009, 16:11

...und noch ein Rauhnachtsmärchen

Zitat

Holunder tut Wunder

Es begab sich aber auch im Verlauf der Zwölf Nächte, daß sich Frau Holle rüstete, wie immer in diesen erregenden Zeiten der Jahreswende, das Menschenland zu durchwandern. So kam sie auch über die verschneite Heide. Da war es Weihnachten im ganzen Land. Und sie horchte auf den Gesang der Bienen im hohlen Baum, auf den Atem der Tiere, die unter der Schneedecke schiefen oder in warmen Höhlen. Sie lauschte auf die Stimme der Steine und den strömenden Saft unter der Borke von Busch und Baum. Aller erstorbenen Blumen Frühlingshoffnung lag ihr im Ohr. Es stand aber einsam auf der verschneiten Heide ein kahler, staksiger Strauch. Seine Zweige knackten zum Erbarmen im Rauhfrost der Weihnacht.
Frau Holle lieh auch seiner Klage Gehör und fragte den Busch: „Was klagst du so?“
Da wehte es aus den brackigen Zweigen her: „Oh große Mutter! All deinen Kindern hast du einen Nutzen und Sinn in den Keim gelegt. Die Menschen brauchen die Nuß von der Hasel, die Rute von der Weide, und selbst den struppigen Ginster binden sie Winters in ihre Besen. Dem Flachs hast du gute Fasern gegeben und allen Blumen Schönheit zur Augenweide. Nur mir hast du weder Glanz noch Nutzen verliehen. Und selbst die ärmsten Menschenkinder verschmähen mein Holz für den Hausbrand.“
Die Klage rührte die Weise Frau an das Herz, und sie lächelte: „Gut denn, weil du den Menschen so gerne hold bist, so will ich dir selber den Namen geben, Hollerbusch sollst du von Stund an heißen in ihrem Mund. Dazu verleihe ich dir eine edle Kraft, die dich wert macht vor allem Gebüsch.“
Und sie schenkte dem Busch die Heilkraft der Rinde und der Blüten und füllte ihm seine tausend Beeren mit Arznei. Bei schlimmen Tagen, als Not und Krankheit die Menschen heimsuchten in ihren Häusern, erkannten sie bald die heilenden Säfte des Holunderstrauch.
Da holten sie den verschmähten Busch in ihre Gärten, an ihre Höfe und alsbald war kein Backofen mehr in den Dörfern zu finden, in dessen Schutz nicht der Hollerbusch grünte und blühte zur Augenweide mit seinem Segen.
Die Kranken wurden gesund vom Trunk seiner Säfte. Und ihre Kinder spielten im Duft der schattigen Blütenteller die liebsten Reigen.



Quelle: A. Straub, Deutsche Blumensagen
„Die Wahrheit bedarf nicht viele Worte, die Lüge kann nie genug haben.“

Nietzsche

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Susi« (21. Dezember 2009, 21:54)


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Dienstag, 22. Dezember 2009, 10:09

Aaaaach sind das schöne Erzählungen. ich habe mir das erste gestern Abend nachdem alle Kinder im Bett waren nochmals durchgelesen.

Der Kachelofen knisterte, und ich habe eine sehr schöne Weihnachtsstubenmusik von Bayrischen Musikern angehört.

Da fällt mir auch das Büchlein ein "Dreizehnlinden" Da geht es über einen Elmar vom Habichtshof. Es spielt in der Zeit von Karl dem sogenannten "großen". Dieser Elmar ist ein freier Sachse.

Bis zu dem Punkt wo er als verbannter anfängt zu denken wie ein Kirchlicher ist es sehr sehr gut. Kennt jemand von euch diese Geschichte?


Dein Mut sei Heldenhaft;
Deine Hingabe Vollständig;
Deine Liebe Grenzenlos!

Sundarasya Surupasya Subhasya ca Raksanaya Samajah

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