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Dienstag, 11. Januar 2011, 20:57

Karlsruhe hebt Publikationsverbot auf - Meinungsfreiheit auch für Nationale?

Das BRD-Grundgesetzgerichtshof Karlsruhe hat das im Rahmen der Führungsaufsicht erteilte Publikationsverbot für einen u. a. wegen Volksverhetzung vorbestraften Mann aus Bayern aufgehoben.
Im Mai 2005 wurde er wegen Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung "Schutzgruppe" des rechtsextremistischen "Aktionsbüros Süd", wegen unerlaubten Umgangs mit Sprengstoffen und unerlaubtem Führens einer Schusswaffe zu einer Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.

Mit Beschluss vom 8. Januar 2008 wurde ihm für die Dauer der fünfjährigen Führungsaufsicht u.a. verboten, "rechtsextremistisches oder nationalsozialistisches Gedankengut publizistisch zu verbreiten, insbesondere durch Veröffentlichungen im Verlag 'Deutsche Stimme', in den 'Nachrichten' der 'Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG)' oder über den 'Freundeskreis UN e.V.'. Diese Maßnahme begründete das Oberlandesgericht damit, daß er "seine extremistischen, antijüdischen und antiamerikanischen Parolen" bereits während der Haft versuchte weiterzuverbreiten, indem er "Beiträge für rechtsextremistische Zeitschriften verfasst habe."
[ Beschluß vom 8. Dezember 2010 1 BvR 1106/08 http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20…1bvr110608.html ]

Dagegen klagte er und berief sich dabei u.a. auf die im Grundgesetz unter Art. 5 verankerte Meinungsfreiheit.

Auszüge aus der Entscheidung des "BVerfG" zur Aufhebung des Publikationsverbots:

Zitat

Die Meinungsfreiheit schützt grundsätzlich - in den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG - auch die Verbreitung rechtsextremistischer Meinungen. Die Weisungsbefugnis im Rahmen der für verurteilte Straftäter angeordneten Führungsaufsicht gemäß § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB fällt unter die Schranke der allgemeinen Gesetze. Das Instrument der Führungsaufsicht erlaubt es grundsätzlich, einem verurteilten Straftäter auch nach Verbüßung seiner Strafe aus präventiven Gründen bestimmte legale und grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen zu verbieten. Bei einer solchen präventiven Zwecken dienenden staatlichen Maßnahme, die an eine Meinungsäußerung anknüpft, ist indes - neben einer sich auf nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte stützenden Gefahrenprognose - eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte sorgfältige Abwägung zwischen den durch die Meinungsäußerung drohenden Beeinträchtigungen und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch deren Einschränkung erforderlich.
[...]
Hierbei kann dahin stehen, ob die durch das Oberlandesgericht vorgenommene Gefahrenprognose den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Denn das Publikationsverbot schränkt den Beschwerdeführer jedenfalls unverhältnismäßig in seiner Meinungsfreiheit ein.
[...]
Mit dem Verbot der Verbreitung „rechtsextremistischen oder nationalsozialistischen Gedankenguts“ - auch unterhalb der Schwelle der §§ 130, 86a StGB - ist das künftig verbotene von dem weiterhin erlaubten Verhalten nicht sicher abgrenzbar. Der angegriffenen Entscheidung ist nicht zu entnehmen, ob von dem Verbot der Verbreitung „nationalsozialistischen Gedankenguts“ jedes Gedankengut, das unter dem nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürregime propagiert wurde, erfasst sein soll oder nur bestimmte Ausschnitte der nationalsozialistischen Ideologie, und, falls letzteres der Fall sein sollte, nach welchen Kriterien diese Inhalte bestimmt werden können. Erst Recht fehlt es dem Verbot der Verbreitung „rechtsextremistischen Gedankenguts“ an bestimmbaren Konturen. Denn die Einstufung einer Position als „rechtsextremistisch“ ist eine Frage des politischen Meinungskampfes und der gesellschaftswissenschaftlichen Auseinandersetzung. Sie steht in unausweichlicher Wechselwirkung mit sich wandelnden politischen und gesellschaftlichen Kontexten und subjektiven Einschätzungen, die Abgrenzungen mit strafrechtlicher Bedeutung (vgl. § 145a StGB) nicht hinreichend erlauben.
[...]
Indem dem Beschwerdeführer für fünf Jahre uneingeschränkt jede publizistische Verbreitung „rechtsextremistischen oder nationalsozialistischen Gedankenguts“ verboten wird, wird ihm abhängig von seinen Ansichten in weitem Umfang unmöglich gemacht, mit seinen politischen Überzeugungen am öffentlichen Willensbildungsprozess teilzunehmen. Dies kommt jedoch einer Aberkennung der Meinungsfreiheit selbst nahe. Auch das staatliche Interesse der Resozialisierung des Beschwerdeführers rechtfertigt ein so weitgehendes Verbot nicht.

Zur vollständigen Pressemitteilung des BVerfG Nr. 1/2011 vom 4. Januar 2011: >>>

Aufgrund dieses Urteils muß nun das Oberlandesgericht München erneut darüber entscheiden, welche Weisungen für ihn im Rahmen der Führungsaufsicht zu gelten haben.

Dazu die Pressemitteilungen der BRD-Medien:
  • Süddeutsche vom 04.01.2011: Welche Äußerungen sind erlaubt, welche verboten? >>>
    "Das Bundesverfassungsgericht kippt das Publikationsverbot für einen rechtsextremen Terroristen, der an Anschlagsplanungen auf die jüdische Gemeinde München beteiligt war." ...
  • Süddeutsche vom 05.01.2011: Meinungsfreiheit auch für Neonazis >>>
    "Das Bundesverfassungsgericht hat ein Publikationsverbot gegen einen verurteilten Rechtsterroristen aufgehoben." ...
  • Süddeutsche vom 05.01.2011: Urteil: Neonazis und Meinungsfreiheit Groteskes aus Karlsruhe >>>
    "Ein Neonazi sollte nach der Haftentlassung kein rechtsextremistisches Gedankengut mehr verbreiten dürfen. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht dieses Verbot gekippt. Das Urteil ist irritierend." ...
  • TAZ vom 04.01.2011: Juristischer Erfolg für Neonazi >>>
    "Ein Rechtsterrorist sollte fünf Jahre lang kein 'rechtsextremistisches Gedankengut' veröffentlichen dürfen. Das Bundesverfassungsgericht kippt das Verbot." ... Dies sei aber kein Grund zum Jubeln meinte Ulla Jelpke von der Linkspartei, denn "es bleibt auch in Zukunft strafbar, den Holocaust zu leugnen und Hakenkreuze zu publizieren."
(Hervorhebungen innerhalb der Zitate durch U-34)

In Anbetracht der gesamten Vorstrafen sowie der "Beteiligung an den Anschlagsplanungen auf die jüdische Gemeinde München", ist das Urteil der BRD-Richter zwar erfreulich, sollte aber dennoch nachdenklich stimmen - zumindest wirft es einige Fragen auf, wenn man das gesamte Urteil sowie den dazugehörigen Beschluß gelesen hat.

M.k.G., U-34

"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt."
- J. G. Herder -

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