Heimat
Am Ahnenhügel steht ein Kind, legt
Blumenkränze nieder.
Für seine Ahnen und die Götter singt es
schöne Lieder.
Ein Söldner aus dem Römerheer, der tritt
hinzu und fragt:
"Was machst du mit den Blumen hier an diesem
schönen Tag ?"
"Die Blumen sind als Gaben für meine Ahnen
hier gedacht.
Das Lied ist für die Götter, die Schutz mir
mitgebracht.
Doch was machst du hier, Herr Soldat,so fern
von deinem Land
und wo ist deine Heimat und wo ist denn dein
Stamm ?"
"Mein Heim liegt weit im Westen, und Gallien
wird´s genannt.
Ich bin dort fort gegangen aus diesem schönen
Land.
Wollt für die Römer kämpfen für Ruhm und Ehr
und Sold,
doch hier bei den Legionen ist mir das Glück
nicht hold."
"Ach Herr Soldat was tust du, kämpfst für ein
fremdes Heer;
hast Haus und Hof verlassen, kennst keine
Heimat mehr.
Es gibt für mich nichts Schönres als hier
zuhaus zu sein,
ich nenn es einfach Heimat, denn hier, da ist
mein Heim.
Und wenn ich einmal kämpfe, dann nicht für
fremden Sold
und wenn ich dann auch sterbe, sind mir die
Götter hold."
Es trennten sich die Wege, und jeder ging für
sich.
Doch der Soldat trägt mit sich ein trauriges
Gesicht.
Spät in der Nacht im Langhaus schläft ein
Germanenkind
im Schoße seiner Sippe, beschützt vor Sturm
und Wind.
Beim Römerlager unten ein Schatten schleicht
davon.
Es kann ihn nichts mehr halten, kein Sold und
auch kein Ruhm.
Hoch in des Baumes Krone ein Kauz sitzt in
den Ästen.
Er hört die leisen Worte: "Heimat - nach
Westen, nach Westen."
(unbekannter Verfasser)