„Du hast recht, Kriemhilde, wir brauchen Hantaoma hier, reite Morgen früh nach Teutonia und suche ihn bitte. - Die Magierin Aldis verläßt uns auch, sie segelt mit dem ersten Morgenwind zurück auf die Insel der Magierinnen, aber sie hat mich auch gewarnt, da große Veränderungen im Gange sind. Ausserdem weht der Sonnenwind und das ist immer die Zeit, in der alles möglich ist. Bleibe bitte bis morgen früh und genieße den Abend wenn wir noch alle beieinander sind, - wer weiß wie lange wir auf so einen ruhigen Abend am Feuer warten müssen. Die Zeichen stehen nicht gut. Deine Sturmstute steht im Storegga-Stall bereit, Bjarni hatte die Pferde gut versorgt.“ Lynagh faßte Kriemhildes Hand und beide gingen zum großen Kamin, um den alle versammelt saßen. Sie lächelten beide allen zu, obwohl keiner besonders zum Lächeln war.
Die sieben Trollfrauen, Hafla, Hit, Hrygda, Leiku, Mörn, Ruta und Yrpa saßen beim Feuer im Wald und schmiedeten Pläne. Die Trollfrauen waren klüger als die männlichen Trolle, weniger einfältig und schmutzig und weil sie auch kleiner waren konnten sie sich auch gelegentlich für eine menschliche Frau ausgeben; zwar eine sehr häßliche Frau, aber trotzdem eine Frau. Die Horde dieser Trollfrauen zog nach Norden, denn im Süden wütete ein Krieg und die Trolle mochten die Menschenkriege nicht so besonders. Zwar gab es dann genug Menschenfleisch, aber nicht frisch und sie waren nicht wandelbar, sie paßten sich schlecht an und weil sie auch nicht besonders klug waren wußten sie nicht, was sie machen sollten. Die Menschen waren gute Krieger und auch wenn die Trolle sehr listig waren waren die Menschen doch immer im Vorteil, denn sie hatten einen guten Verstand und dachten sich immer etwas Neues aus. Die Trolle waren faul und liebten es Fallen zu stellen und abzuwarten. Die Horde der sieben Frauen hatten ihre Wohnstätte verlassen, denn sie erhielten einen Sasamor, eine zwingende Nachricht, aus dem Norden. Ja, es gab angesehene Trollen im Norden. Die Frau Häßlich wie ein Sattel, die eine Vertraute der Hexe Bryna war, und die zwei Dienerinnen der Schwesterhexe Brana, die dicken Trollinnen Eistla und Gelivör. Auch die fürchterliche Trollkriegerin Blutige Krallen befand sich schon im Nordland. Und die männlichen Trolle des Nordens waren wild und grausamer als die im Süden und außerdem gab es im Süden nur noch wenig Trolle, denn ein menschlicher Anführer, ein gewisser Hakon, hatte dafür gesorgt. Wenn die Trollfrauen daran dachten, fauchten sie wie wilde Katzen. Nein, das werden sie nicht zulassen. Die reichen Dörfer des Südens sollten nicht verloren gehen. Die Menschen sahen gut gefüttert aus und menschliches Fleisch war eben das, was sie am Meisten liebten. Wargs und Orgs waren minderwertig, die sollten den Streit führen dort im Süden; sie aber, die ehrbaren Trolle, werden das Schicksal schon wenden, denn sie, diese sieben Frauen, waren die Trollbräute, die schon dafür sorgen werden, daß die Trolle etwas zu sagen haben. Ragnir der Höllenschlund wird ihnen schon die richtigen Bräutigame zu besorgen wissen.
Das Feuer brannte hoch und auch wenn es nichts anderes zu essen gab als Beeren, welche die Trollfrauen nicht sehr mochten, waren sie nicht so schlechter Laune. Sie dachten an den gestrigen Abend als sie einen Bauernhof überfallen hatten. Der Mann kämpfte mutig und es machte Spaß ihn zu foltern. Die Kinder schmeckten vorzüglich und die Frau war dick. Sie bedauerten es, daß sie gestern alles Fleisch veschlungen hatten und nicht an heute dachten, aber so war es mit den Trollen, sie dachten nicht viel an morgen, sie dachten ganz einfach: Was man heute hat, hat man. Was man morgen haben wird, das kommt. Hrygda stand auf, von einem Felsenvorsprung beobachtete sie die Kliffen des Großen Randes. Sie sah den Turm der Magierinnen und etwas unten die Lichter in den Fenstern der Taverne zum Großen Rand. Ihre Zunge streichelte ihre Lippen und Speichel rann aus ihrem Mund. Sie war nicht besonders klug aber sie wußte, daß die Taverne ein Gebiet war, wo man das Gesetz des Nordens beachten mußte. Ja, auch die Trolle waren durch einen Eid gebunden und da ihnen anders nicht zu vertrauen war als durch einen Eid der große Folgen hatte. „Nein,“ dachte Hrygda, „nicht die Taverne, leider, aber wenn man geduldig wartet, wird man belohnt.“ Sie sah auch die Lichter des Landgutes unten im Tal. Dort wohnte die ehemalige Walküre Gunlödd. Hrygda fühlte, daß sie Hunger hatte.
Weit im Norden rührte sie die gräßliche Drachenschlange Slefa. Sie hörte in ihrem Schlaf den Ruf des Zauberers, der sie mit der Menschenmilch großgezogen hatte. Slefa hatte eine große Gabe, sie konnte den Geist eines jeden aus seinem Körper entlassen. Den Körper verzehrte sie wenn sie hungrig war, der Geist schwebte dann in der Leere, wurde bisweilen durch die magischen Netze der Zauberer und Hexen gefangen, denn ein jeder Geist eines lebenden Wesen war die reine Energie, die nicht verloren gehen sollte. Die Energie, die notwedig war um die Wirklichkeit zu manipulieren oder verzehren. Slefa fühlte sich nicht gut und darum wollte sie nicht aufwachen. Nicht nur durch den Ruf des Zauberers wurde ihr langer Schlaf unterbrochen. Sie fühlte sich nicht gut, ein Krampf durchfuhr ihren Körper und sie zitterte am ganzen Leib. Ein Wahnsinn trat in ihr Schlangengehirn, sie zitterte, sie fühlte sich sehr unwohl. Slefa schloß ihre Augen und versteifte. Plötzlich war die Welt wieder in Ordnung, die Krämpfe hörten auf. Slefa öffnete ihre Augen, ein Ei lag in ihrem Nest. Sie hatte ein Ei gelegt! Slefa beschnüffelte das kostbare Ei und verbarg es in den Schlingen ihres Körpers. „Ahsssss....“ – zischte sie zufrieden und schloß wieder die Augen. Der Zauberer wird diesmal warten müssen!