An dem Abend als sich die Wächterin der Storegga zu ihrem Turm begab, kehrte sie nicht mehr zurück. Olaf wartete in der Gelagenkammer die ganze Nacht lang, zusammen mit Gunlödd und ab und zu kam auch immer wieder ein der Gesellen des Tavernekreises die Treppe herunter, denn niemand schlief so gut in dieser Nacht als die Magierin der Storegga verschwand. Als sie am Abend nicht kam, suchte man sie überall, in ihrem Haus und Turm, unten in der kleinen Bucht am Fuß des Randes und sogar in dem geheimnisvollen Versunkenen Garten wo jetzt der Drache Slefa ihr Nest hatte. Man fand keine Spur und niemand hatte sie während des Tages gesehen. Sie kam nicht zurück, und sie ging auch nicht ins Tal, denn der einzige Weg der dorthin führte began eben vor der Taverne und Kriemhilde mit Hantaoma waren dort fast den ganzen Tag und vertrieben sich die Zeit mit reden und Bogenschießen. Auch die zwei Trollfrauen, die Dienerinnen der Hexe Brana, die dicken Eistla und Gellivör, die auch den ganzen Tag am Rande des Waldes bei dem Pfad der ins Tal führte saßen und neugierig das Treiben um und in der Taverne im Auge hielten, sahen die Magierin nicht an diesem Tag.
Jedoch am frühen Morgen, gerade als die Sonne aufging, klopfte jemand auf die verriegelte Tür der Taverne. Olaf und Gunlödd sprangen auf und als sie die Tür einen Spalt geöffnet hatten, drängte sich ein schlanker, ein wenig ramponiert aussehender Geselle herein. Er trug ungewöhnliche Kleidung, hatte einen Sack auf seinem Rücken und auf dem Kopf einen Hut, dessen breite Krempe wasserschwer in sein Gesicht hing. Sein langes Haar war triefend naß, wie er selbst und alles an ihm. Er war verhältnismässig jung und verhältnismässig gut aussehend. Ein Zug von amüsierter Geringschätzung überzog sein Intelligenz verratendes Gesicht. "Ich bin ein Reisender, der sich schwimmend aus dem Schlund des Maelströms gerettet hatte," sagte der junge Mann. "Wieso trägt Ihr noch Hut und Sack, wenn Ihr so weit schwimmen müßtet?" erkundigte sich Gunlödd mißtrauisch. "Nie verliere ich meinen Hut und nur selten meinen Sack. Ein Reisender wie ich lernt es, seinen geringschätzigen Besitz festzuhalten - gleichgültig welches Mißgeschick ihn befällt." "Und Ihr seid wirklich nicht mehr als - ein Reisender?" fragte Gunlödd. "Eure Gastlichkeit ist nicht gerade warm oder herzlich - und ich bringe Euch auch noch eine Nachricht. " "Es tut mir leid," entschuldigte sich Gunlödd. "Kommt, es stehen Speisen zum Frühstück auf der Tafel bereit und im Kamin brennt ein großes Feuer das Eure Sachen trocknen wird." Sie setzten sich wieder auf ihre Stühle und beobachteten den jungen Mann, als er sich die nassen Sachen vom Leib streifte und schließlich nackt vor ihnen stand. Geidrun, die neue Bedienung, brachte ihm Handdtücher und er begann sich trockenzureiben. Die frischen Gewänder die Olaf ihm brachte, verweigerte er jedoch. Statt dessen hüllte er sich in eines der großen Handtücher, setzte sich an die Tafel und bediente sich. "Ich werde meine eigene Sachen wieder anziehen, wenn sie trocken sind," erklärte er. "Ich bin etwas eigen, was meine Kleidung betrifft. Ich habe da einen besonderen Geschmack. Paßt auf, wenn Ihr meinen Hut trocknet," sagte er zu Geidrun, "paßt auch auf, das die Krempe richtig gebogen ist." Als er mit seinen Anweisungen fertig war, nahm er aus seinem Sack eine Pergamentrolle, die ganz trocken war und einen Siegel trug, den Siegel der Storegga Magierinnen, und wandte sich mit verschmitztem Lächeln an Gunlödd und Olaf." Ein Schreiben an Euch von der Magierin der Storegga," sagte er und legte die Pergamentrolle auf den Tisch. Gunlödd sah sich den Siegel genau an, er war unbeschädigt. Sie brach ihn, rollte die Pergamentrolle aus und laß:
Jene, die wollen, daß das Gute und die Gerechtigkeit mächtig werden, müssen bereit sein, dafür zu kämpfen und sogar zu sterben. Das alte Gesetzt des Nordens verpflichtet mich.
Eure Lynagh.
Nachdem sie dem Boten, dem Maelström Mann, die Pergamentrolle übergab, schloß die Wächterin der Storegga ihren Turm und ging zu dem Großen Rand. Da stand die Magierin Lynagh auf dem Kliff der das Ende der Welt war. Das neue Aufkommen des Sonnenwindes der ihr Umhang aufplusterte störte sie nicht in ihrer Konzentration.Der Sonnenwind wehte und die hochgewachsene blonde Frau stand in ihrem aufbauschenden langen schwarzen Kleid auf dem Großen Rand. Die Sonne ging gerade herunter und als sie noch die letzten schwachen Strahlen zu den hohen Kliffen sandte, war der Große Rand leer. Nur der Sonnenwind wehte immer stärker und trug in seinen Luftarmen eine schwarzweiße Feder davon.