Ich war überrascht noch keinen Beitrag über dieses Werk hier gefunden zu haben, gleichermaßen aber erfreut, da die Ehre selbigen zu verfassen nun mir zu Teil wird.
Johann Wolfgang von Goethes Faust - Der Tragödie erster Teil
Wie der (vollständige) Titel schon aussagt handelt es sich um eine Tragödie. Weiterhin lässt sich nach dem ersten Teil noch eine Folge vermuten - tatsächlich gibt es einen zweiten Teil, welcher sich aber auf einer philosophischen Ebene hauptsächlich mit den Folgen des Inhalts des ersten Teils auseinandersetzt und meiner Meinung nach nicht ganz so lesenswert ist wie sein Vorgänger.
Die echte Handlung beginnt im Labor des angesehen aber bereits ergrauten Forschers und Magisters Heinrich Faust. Dieser zieht ein Resumée aus seinem bisherigen Leben und kommt enttäuscht zu dem Schluss, dass er in jedweder Form seiner Existenz - sowohl als Forscher als auch als Mensch - gescheitert sei. Das Wissen, welches er sich über die Jahre angeeignet hat, sei trotz endloser Studien lückenhaft und lässt etliche Fragen offen. Es sei - so seine Überlegung - überhaupt nicht möglich die Schöpfung in ihrer Gesamtheit zu begreifen, weswegen alles Lernen und Studieren eine Verschwendung seiner Lebensjahre gewesen sei. Gleichsam sei er menschlich nicht fähig das Leben zu genießen und daher ein hoffnungsloser Fall. Die Figur des Lehrers Faust geht hierbei auf eine historisch tatsächlich existente Person zurück, die vermutlich vom Jahr 1480 bis 1538 gelebt hat. Auch die Handlungsorte sind an das historische Deutschland angelehnt, so spielen Teile im Harz (Walpurgisnacht auf dem Blocksberg/Brocken) oder in der Stadt Leipzig.
In seiner Verzweiflung begegnet Faust der Figur des Mephistopheles (Pudelszene, "Das ist also des Pudels Kern!") der ihm einen teuflischen Handel vorschlägt: Mephisto verpflichtet sich im Diesseits der Diener Fausts zu sein und ihm jeden Wunsch zu erfüllen, im Gegenzug geht nach dem Tod seine Seele in den Besitz des Teufels über.
Durch Intrigenspiel des Mephistopheles wird der ohnehin von Enttäuschung geprägte Faust langsam mit den einfachen Freuden des Lebens vertraut gemacht und verliebt sich schließlich in eine junge Frau namens Margarete (genannt "Gretchen"). Die religiöse Problematik die sich aus Fausts pantheistischer Einstellung im Widerspruch mit dem im Mittelalter üblichen christlichen Glauben ergibt, zieht sich durch das gesamte Werk wie ein roter Faden. Gleichsam kommen schwarze Magie und Dämonenbeschwörungen zum Einsatz, was sich einem krassen Kontrast zur wissenschaftlichen Bildung des Faust bewegt.
Das Ende möchte ich einmal nicht vorwegnehmen, vielleicht fühlt sich ja nun noch jemand dazu animiert dieses - eines der größten Werke der deutschen Literatur noch zu lesen, falls noch nicht geschehen. Viele bekannte Sprüche und geflügelte Worte die noch heute in unserem Sprachgebrauch zu finden sind, haben ihren Ursprung in Faust I.
So z.B.:
"Der Worte sind genug gewechselt, lasst nun auch endlich Taten sehn!" (Zeile 214)
"Es irrt der Mensch, solang er strebt." (Zeile 317)
"Hier bin ich Mensch, hier darf ich′s sein" (Zeile 940)
"Das also war des Pudels Kern!" (Zeile 1323)
uvm.
Mein Großvater, welcher Funker bei der Wehrmacht war, hatte ein Taschen-Exemplar von Faust I auch an der Front immer mit dabei. Bis zu seinem Tod hat er gerne daraus zitiert.
In diesem Sinne, mit literarischem Gruß
~Ingrimm