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Grundrisse eines Deutschen Friedensvertrages

Beschlossen von der Bundestagsfraktion am 27. Januar 1959, gebilligt vom 10. Bundesparteitag vom 21. bis 23. Mai 1959 in Berlin

A. Vorbemerkung

1. Keine demütigenden Bedingungen

Der Kriegszustand zwischen den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges und dem besiegten Deutschland ist längst beendet. Ein Friedensvertrag ist überfällig. Die inneren Wandlungen im deutschen Volk und die Veränderungen im Verhältnis der Völker zueinander haben gegenüber der Situation bei Kriegsausgang eine neue Lage geschaffen. Das deutsche Volk erfreut sich wieder einer gleichberechtigten Stellung inmitten anderer Völker. Es ist deshalb inkonsequent und unrealistisch, Deutschland im Jahre 1959 einen Friedensvertrag anzubieten, der demütigende Bedingungen enthält, wie sie einem Volk im Zustand der bedingungslosen Kapitulation entsprechen, nicht aber einem Volk, von dessen freiwilliger und ungetrübter Bündnisbereitschaft eine dauerhafte Friedensordnung in Europa abhängt. Demütigende Bestimmungen ¬ wie die aufgezwungene Beschneidung und Zerstückelung des Begriffes Deutschland, die Übernahme von ohne deutsche Mitwirkung erlassenen Schuldsprüchen, der kompromißlose Gebietsverzicht nach einseitig vorgenommen Grenzziehung, der Ehrenschutz für jederlei Art von Landesverrat, die Asylverweigerung für politische Flüchtlinge, das Verbot von Standardwaffen, wie sie für jede einigermaßen intakte Armee unentbehrlich sind, sowie das Verbot jeglicher Waffenausfuhr und schließlich die Zumutung, auf eigenem Boden fremde Denkmäler zu hüten, die an die schmerzlichste Niederlage erinnern ¬ sollten in dem verspäteten Friedensvertrag keinen Platz mehr haben.

2. Gleichzeitige Verträge für die europäische Sicherheit

Das Sicherheitsbedürfnis der Völker im mitteleuropäischen Raum und die Lösung der Deutschlandfrage stehen in wechselseitiger Beziehung. Es ist deshalb erforderlich, über den herkömmlichen Inhalt eines Friedensvertrages hinaus vertragliche Abmachungen einzugehen, die ¬ ganz abgesehen von dem vergangenen Krieg und seinen Folgen ¬ eine dauerhafte Sicherheitsordnung in Europa, insbesondere im mitteleuropäischen Raum, begründen. Zumindest scheint es notwendig, einen Vertrag über ein europäisches Sicherheitssystem , wie es seit der Berliner Konferenz von 1951 in West und Ost erörtert wird, abzuschließen. Angeregt durch die Vorschläge des polnischen Außenministers Rapackl sollte man auch dem Gedanken einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa nähertreten, was im Falle einer Verständigung über diesen Punkt einen weiteren Vertrag bedingen würde, zumal sich die Teilnehmerkreise der verschiedenen Vertragsprojekte, nicht ganz decken. Da es sich als unumgänglich erweisen wird, die genannten Verträge zu gleicher Zeit wie den mit Deutschland abzuschließenden Friedensvertrag rechtskräftig werden zu lassen, muß bei der Abfassung des Friedensvertrages an den Einbau von Ansatzpunkten für die synchronischen Parallelverträge gedacht werden. Das hat zudem den Vorteil, daß den bündnispolitischen und militärischen Bestimmungen des Friedensvertrages, die eine Selbstverpflichtung des deutschen Volkes im Sinne der Entspannung und der Rüstungsbegrenzung darstellen, der Charakter eines Verzichtes ohne Gegenseitigkeit genommen wird.

B. Vorschläge im einzelnen

1. Definition Deutschlands

Unter dem Begriff "Deutschland" wird Deutschland in seiner wiederhergestellten staatlichen Einheit verstanden.
Die Vertragspartner Deutschlands erkennen die volle Souveränität des deutschen Volkes über Deutschland einschließlich seiner Territorialgewässer und des Luftraumes an. Die Vertragspartner Deutschlands werden ihre Beziehungen mit Deutschland und Deutschland wird seine Beziehungen mit seinen Vertragspartnern auf der Grundlage der Achtung der Souveränität und territorialen Integrität, der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten, des Nichtangriffes, derGleichheit und der Gegenseitigkeit auf der Grundlage des vorliegenden Vertrages gestalten.

2. Grenzen

Die Bereitschaft Deutschlands, die Verpflichtungen dieses Friedensvertrages zu übernehmen schafft die Voraussetzungen für die Entwicklung guter Beziehungen Deutschlands zu seinen Nachbarstaaten. Die Grenzen Deutschlands im Osten müssen deshalb so gezogen werden, daß nicht durch eine grobe Verletzung der Grundsätze der Gerechtigkeit und der Vernunft die vom deutschen Volk aufrichtig gewünschte dauerhafte Versöhnung mit seinen Nachbarn im Osten in der Zukunft gefährdet wird.

3. Grundrechte und Grundfreiheiten

Deutschland wird die Grundrechte und Grundfreiheiten des Menschen gewährleisten. Alle unter deutscher Gerichtsbarkeit stehenden Personen ohne Unterschied des Geschlechts, der Abstammung, der Rasse, der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens, der religiösen und politischen Anschauungen werden in Deutschland die gleichen Rechte genießen.
Die persönliche Freiheit, die Freiheit des Glaubens, des Gewissens, des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, der ungestörten Religionsausübung, das Recht der freien Meinungsäußerung in Wort, Schrift und Bild, die Versammlungsfreiheit und die Vereinigungsfreiheit werden in Deutschland gewährleistet. Die Grundrechte und Grundfreiheiten binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung in Deutschland als unmittelbar geltendes Recht. Die Rechtsprechung in Deutschland wird unabhängigen und unabsetzbaren Richtern anvertraut, die nur dem Gesetz unterworfen sind.

4. Politische Parteien

Deutschland wird die freie Betätigung der politischen Parteien gewährleisten. Die Parteien erhalten das Recht, über ihre inneren Angelegenheiten frei zu entscheiden, Kongresse und Versammlungen durchzuführen, das Recht der freien Meinungsäußerung für sich in Anspruch zu nehmen und bei Wahlen und Abstimmungen frei für ihre Anschauungen zu werben. Deutschland verpflichtet sich, das Wiederentstehen der Nationalsozialistischen Partei, ihrer Gliederungen und der unter ihrer Kontrolle befindlichen Organisationen einschließlich militärischer und halbmilitärischer Organisationen und das Entstehen von Parteien und Organisationen, deren Tätigkeit auf eine Beseitigung der Grundrechte und Grundfreiheiten, auf eine Revision der Bestimmungen dieses Vertrages mit Gewaltanwendung oder mit der Drohung mit Gewalt oder auf eine Revision der deutschen Grenzen mit Gewaltanwendung oder mit der Drohung mit Gewalt gerichtet ist, unter Androhung strafrechtlicher Verfolgung nicht zuzulassen.

5. Generalamnestie, Asylrecht und Repatriierung

Um der inneren Befriedung zu dienen, wird Deutschland alle Personen, die während des Zweiten Weltkrieges Handlungen zugunsten der Kriegsgegner Deutschlands begangen oder mit deren Sache sympathisiert haben, desgleichen diejenigen Personen, die in der Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Vertrages Handlungen begangen haben, die darauf abzielten, die Erfüllung der gemeinsamen Beschlüsse der USA, der UdSSR, des Vereinigten Königreiches und Frankreich über Deutschland oder irgendeiner der aufgrund dieser Beschlüsse herausgegebenen Proklamationen, Befehle, Anweisungen und Instruktionen zu erleichtern, durch eine Generalamnestie außer Verfolgung setzen. Deutschland wird nur solchen Personen das Recht auf politisches Asyl gewähren, die sich verpflichten, vom Territorium Deutschlands aus keinerlei feindliche Tätigkeit gegen irgendeine der verbündeten oder vereinten Mächte zu betreiben. Deutschland wird die Repatriierung von Bürgern seiner Vertragspartner, die durch den Krieg nach Deutschland verschlagen sind und heimzukehren wünschen, mit allen Kräften unterstützen. Die Vertragspartner werden die Repatriierung deutscher Bürger auf deren Wunsch nach den gleichen Grundsätzen unterstützen.

6. Die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands

a) Die Mächte ,die mit Deutschland den Friedensvertrag schließen, erkennen das Recht des deutschen Volkes auf Wiederherstellung seiner staatlichen Einheit an. Sie treten dafür ein, daß die Annahme des Friedensvertrages durch das deutsche Volk zeitlich mit der Wiedervereinigung der beiden getrennten Teile Deutschlands zusammenfällt.
b) Die genannten Mächte versichern, daß sie keinem deutschen Staatsgebilde, das seinen Fortbestand auf Kosten der Unabhängigkeit und der staatlichen Einheit Deutschlands zu erhalten sucht, in diesem Bestreben Unterstützung leisten werden.
c) In der Absicht, die staatliche Teilung Deutschlands zu beenden, fordern die genannten Mächte die staatlichen Organe in beiden getrennten Teilen Deutschlands auf, umgehend Vereinbarungen über Maßnahmen die in deutscher Zuständigkeit liegen und der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands dienen, zu treffen. Soweit die innerdeutschen Vereinbarungen Interessen der anderen vertragsschließenden Mächte berühren, werden sie nach Zustimmung der Mächte unlöslicher Bestandteil des Friedensvertrages. Insbesondere sind Absprachen über die Modalitäten zu treffen, nach denen eine deutsche Nationalversammlung als gesamtdeutscher Willensträger durch das deutsche Volk frei und geheim gewählt werden kann sowie über den Zeitpunkt der Wahl.
d) Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß bis zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands keine gesamtdeutsche Regierung besteht, die befugt ist, über den Friedensvertrag zu verhandeln und ihn zu unterzeichnen, erklären die oben genannten Mächte sich damit einverstanden, daß

  1. die Interessen des deutschen Volkes in den Verhandlungen von den Vertretungen beider Teile Deutschlands mit beraten der Funktion wahrgenommen werden, daß
  2. die verbindliche Annahme des Friedensvertrages von seiten Deutschlands durch einen freien unmittelbaren Willensentscheid (Volksentscheid) des deutschen Volkes in beiden Teilen Deutschlands erfolgt und daß
  3. die Unterzeichnung des Friedensvertrages nach Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands durch die künftige gesamtdeutsche Regierung vollzogen wird.
e) Mit dem Inkrafttreten des Friedensvertrages leisten die Mächte, die nach der Kapitulation Deutschlands die oberste Gewalt in Deutschland übernahmen, ohne jeden Vorbehalt Verzicht auf die Rechte, die sie aus der Übernahme der obersten Gewalt abgeleitet hatten. Die Deutschland zugesicherte Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten umschließt insbesondere die Möglichkeit freier Wahlen, die Einberufung einer verfassungsgebenden Nationalversammlung und der Bildung einer gesamtdeutschen Regierung, sobald sich das deutsche Volk in einem Volksentscheid verpflichte hat, die Bedingungen dieses Vertrages zu erfüllen.

7. Bündnisfrage und militärische Bestimmungen

a) Deutschland verpflichtet sich, entsprechend seiner Lage in der Mitte Europas eine Politik des entspannenden Ausgleichs nach allen Seiten zu verfolgen und damit der Erhaltung des Friedens und der Zusammenarbeit der Völker zu dienen. Es verzichtet auf jegliche Teilnahme an Militärbündnissen, die Bestandteil eines Systems von Blöcken und Gegenblöcken in Europa sind und deren geographische Stoßrichtung eine bündnispolitische Option entweder zugunsten des Westens oder des Ostens bedingt. Dagegen erklärt Deutschland sich bereit, auf gleichberechtigter Grundlage Vertragspartner eines Bündnissystems zu werden, dessen Ziel die Festigung der gesamteuropäischen Sicherheit ist und dem neben anderen Staaten zumindest die Vereinigten Staaten von Nordamerika, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Rußlands, das Königreich Großbritannien und die Republik Frankreich angehören. Der Abschluß des deutschen Friedensvertrages soll gleichzeitig mit dem Abschluß eines europäischen Sicherheitsvertrages erfolgen.
b) Nach Inkrafttreten des deutschen Friedensvertrages und des europäischen Sicherheitsvertrages entfallen die Rechte und Pflichten, die von deutscher Seite mit der Mitgliedschaft in den Organisationen des Nordatlantikpaktes sowie der Westeuropäischen Union und des Warschauer Vertrages übernommen wurden.
c) Deutschland bekräftigt in diesem Friedensvertrag den Verzicht, den es in dem Vertrag über die Errichtung einer atomwaffenfreien Zone hinsichtlich des Besitzes, der Produktion, des Erwerbs und der Erprobung von Kernwaffen leistet.
d) Deutschland verpflichtet sich ferner, auf den Besitz, die Produktion, den Erwerb und die Erprobung biologischer und chemischer Massenvernichtungsmittel zu verzichten.
e) Deutschland wird eigene nationale Streitkräfte (Land-, Luft- und Seestreitkräfte) besitzen, die eine wirksame Landesverteidigung ermöglichen.
f) Alle ausländischen Streitkräfte, die sich auf deutschem Boden befinden, müssen in einer festzulegenden Frist nach Inkrafttreten des Friedensvertrages in Etappen aus Deutschland abgezogen sein.
g) Deutschland bekräftigt seine im europäischen Sicherheitsvertrag übernommene Verpflichtung, durch Zulassung vertraglich vereinbarter Erd- und Luftinspektionsbehörden in seinem Hoheitsbereich einen Beitrag zur europäischen Sicherheitskontrolle zu leisten.

8. Interpretation (Schiedskommission)

Die Vertragspartner verpflichten sich, jeden Streit über die Auslegung oder Erfüllung des vorliegenden Vertrages unter Ausschuß von Gewaltanwendung oder der Drohung mit Gewalt zu regeln.
Kann ein Streit um Auslegung oder Erfüllung des vorliegenden Vertrages nicht durch direkte diplomatische Verhandlungen oder in anderer Weise durch Vereinbarung zwischen den Partnern des Streites geregelt werden, so ist der Fall einer Kommission zu übergeben, der Vertreter der Vereinigten Staaten von Amerika, der Sowjetunion, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und Deutschlands angehören.
Falls dieser Streitfall innerhalb von zwei Monaten in der Kommission nicht durch eine Vereinbarung Geschlichtet werden kann, wird er, falls die Partner des Streitfalles zu keiner Vereinbarung über andere Verfahren seiner Regelung gelangen, einer Kommission übergeben, der je ein Vertreter eines jeden Partners des Streitfalles und ein weiteres Mitglied angehören, das auf Vereinbarung beider Seiten unter den Bürgern eines dritten Landes ausgewählt wird. Die Partner verpflichten sich, sich dem Spruch dieser Kommission zu unterwerfen, die mit Stimmenmehrheit endgültig entscheidet.